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Praedicator Gratiae

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Zu: Leonard von Matt- Dominikus. Von M. H. Verlag Herold, Wien. 96 Seiten T

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Zu: Leonard von Matt- Dominikus. Von M. H. Verlag Herold, Wien. 96 Seiten T

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Der heilige Franz von Assisi und der heilige Dominikus sind die Seelsorger der aufstrebenden Städtekultur im Mittelalter. Aber beide kamen aus verschiedenen Gründen dazu, ihre Orden zu stiften. Der heilige Franz von Assisi wurde gegen seinen Willen zum Vater vieler Söhne: seine Persönlichkeit war die Faszination, seinem beispielhaften Leben der Armut zu folgen. Er ist der Bräutigam der „Frau Armut“, dem sich Freunde anschlössen, die sich langsam zu einer Brüderschaft zusammenfanden. — Ganz anders beim heiligen Dominikus: Bei päpstlichen Missionen, zusammen mit dem Bischof Diego von Osma, lernte er die Not der „Diasporachristen“ unter den Albigensern und Waldensern kennen und beschloß, zur Bekehrung der Häretiker und zur Rettung der Rechtgläubigen eine Gemeinschaft von gelehrten Predigerpriestern zu gründen. Unter der Fahne „Veritas“ sammelte und bildete er eine Brüderschaft aus und ist selbst in diese Gründung eingegangen. Dort' also die Persönlichkeit des heiligen Franz und eine sich bildende Gemeinde — hier eine bewußte gemeindestiftende, aus historischer Notwendigkeit gegebene Idee, die den Stifter aufbraucht. Darum ist die Verehrung des heiligen Franziskus im christlichen Volke viel größer geworden als die des heiligen Dominikus. Dazu kommt noch, daß die Predigerbrüder nach dem Tode ihres Meisters ängstlich jede Verehrung seines Grabes vermieden — nicht aus Undankbarkeit, sondern aus Sorge für die Reinerhaltung ihres missionarischen Auftrages.

Besser als jede noch so gelehrte Biographie des heiligen Dominikus kann das neue „Bilderbuch“ von Leonard von Matt über den Vater der Predigerbrüder berichten. Von der spanischen Heimat an über alle Stationen dieses Wanderlebens bis zum Grabmal in Bologna geben diese ausgezeichneten

Vicaire OP. Uebersetzt von Walter Keßler, ext, 184 Seiten Bilder. Preis 144 S Photographien ein anschaulich-eindringliches Betrachtungsmaterial — Möglichkeit der Meditation über ein Heiligenleben. Dominikus war ein monasti-scher Mensch und verband die Gepflogenheiten der alten Klöster, das kontemplative Leben, mit dem aktiven Leben eines Seelsorgers. „Contemplata aliis tradere“ — die in der Beschauung gewonnene Wahrheit den Menschen mitzuteilen — war die (spätere) Formel für die Haltung der Dominikaner. Die abgebildeten Miniaturen von den „neun Gebetsarten des heiligen Dominikus“ (Ende des 13. Jahrhunderts entstanden) bezeugen die Wichtigkeit des Gebetes und deren religionspsychologische Formung. Daß St. Dominikus auch einen II. Orden gegründet hat, einen Zweig beschaulicher Klosterfrauen seinem Männerorden angliederte, beweist nur wiederum, wie sehr die Predigt aus dem passiven Apostolat verstanden wurde: diese in strenger Klausur lebenden Frauen sollten das gepredigte Wort unterstützen und füllen. Der III. Orden des heiligen Dominikus, die „Militia Christi“, entstand aus den Laienbegleitern, die den wandernden Predigern auf den Weg in die Gebiete der Häretiker mitgegeben wurden.

Den Text dieses Buches verfaßte P. Vicaire OP„ jedes Kapitel ein kleines Meisterwerk aus Geist, Sachlichkeit und Stil.

In einem Gebet zum heiligen Dominikus wird er „Praedicator Gratiae“ — „Verkünder der Gnade“ — genannt, und Meister Fra Angelico hat seinem Vater auf allen Bildern den Stern, das Zeichen der Heils-verkündung, gegeben, wie der Gottesmutter und dem Erzengel Gabriel. Denn das heiligste Heil ist die Botschaft von der Herrlichkeit Gottes, in die der Mensch einzutauchen berufen ist: die Wahrheit.

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