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Und wenn sie nicht gestorben sind...

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Null-Acht-Fünfzehn bis zum Ende. Roman. Von Hans Hellmut Kirst. Verlag Kurt Desch, Wien-München. 389 Seiten. Preis 39.50 S

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Null-Acht-Fünfzehn bis zum Ende. Roman. Von Hans Hellmut Kirst. Verlag Kurt Desch, Wien-München. 389 Seiten. Preis 39.50 S

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Aller guten Dinge sind drei: dieser alten Spruch-Weisheit verdanken Trilogien ihr Entstehen. Doch es hat sich herumgesprochen, daß einem guten ersten Band nicht immer ebenbürtige zweite und dritte Bände folgen müssen. Als der ehemalige Offizier Hans Hellmut Kirst „Null-Acht-Fünfzehn. Die abenteuerliche Revolte des Gefreiten Asch“ geschrieben hatte, durfte er, ähnlich wie bei seinen bisherigen Versuchen mit der Feder, bestenfalls auf einen Achtungserfolg hoffen. Doch in der eigenartigen spannungsreichen Atmosphäre des Streites um die deutsche Wiederbewaffnung war gerade dieser Kasernenhofroman der zündende Blitz. Binnen weniger Wochen war das Buch, unbeschadet seiner literarischen und sachlichen Mängel, ein Bestseller, Uebersetzungsrechte wurden vergeben, Filmpläne tauchten auf. Der Autor erkannte die Gelegenheit Er verschob die Rast in der Sonne des Erfolges auf später und arbeitete fleißiger denn je. Der Gefreite Asch und seine Kameraden sollten nicht sterben, sondern in den Krieg ziehen (2. Band) und aus dem Krieg irgendwie ihre Haut und ihren Humor retten (3. Band). Es ist keine Frage, daß diese beiden Fortsetzungsbände nur im Kielwasser des Erfolges des ersten Buches bestehen konnten. Allein vorgestellt, hätten sie ohne Zweifel das Schicksal der ersten literarischen Gehversuche Hans Hellmut Kirsts geteilt.

Das wird uns gerade beim Lesen des vorliegenden Buches — es empfiehlt sich bestens als Reiselektüre — deutlich. Wohl werden die alten Gestalten, angefangen von — nun General — Luschke über Leutnant Asch bis zum ewigen Obergefreiten Kowalski, erneut vorgestellt. Allein der rote Faden der Handlung, die Jagd auf zwei Gangster in Uniform, ist keine Militär-, sondern eine Kriminalgeschichte. Ganz zu schweigen davon, daß das Ende der „Tausend Jahre“ in Wahrheit nicht so turbulent-komisch, wie es Kirst schildert, sondern oft auch sehr bitter und blutig-ernst war. Wir haben es in Wien erlebt.

Bester Hans Hellmut Kirst ist hingegen das Schlußwort, das er den vom Hauptfeldwebel zum Hauptmann emporgestiegenen Schulz — einer der unsympathischesten Figuren im Buch wie im Leben — am Ende bei einem Soldatenbundtreffen Anno 195 5 sprechen läßt. Da sind sie wieder, die großen hohlen Worte . ..

So nehmen wir nun Abschied von dem inzwischen zu Wohlhabenheit gelangten Autor und seinen Figuren. Adieu General Luschke und Leutnant Asch. Auf Nimmerwiedersehen Hauptmann Schulz, Unteroffizier Soeft und Obergefreiter Kowalski, denen wir alle einmal auf einem Kasernenhof der weiland großdeutschen Wehrmacht begegnet sind.

P. S.: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute — und rücken morgen zu den neuen deutschen Streitkräften wieder ein. Das aber mögen Weltgeschichte und Hans Hellmut Kirst uns ersparen.

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