Grausame Gefühlsverwirrung

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Mozart-Zyklus am Tiroler Landestheater: Peer Boysen, Sascha Goetzel und ein fabelhaftes Ensemble berühren mit "Cosi fan tutte".

Peer Boysens Theater, das der Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner in Personalunion nun mit Cosi fan tutte als Abschluss eines Innsbrucker Da-Ponte-Zyklus' zeigt, ist einfach in der Wahl der Mittel und anspruchsvoll in seiner Ästhetik und tiefen Menschlichkeit. Es wird geprägt von seiner Menschenbehandlung und Bildern, diese freilich nicht in l'art pour l'art-Eitelkeit, sondern frei assoziiert und die Vorlage so wörtlich nehmend, wie Kinder es tun: Wenn die beiden Offiziere, die um die Treue ihrer Verlobten wetten, das Theater um ihre vermeintliche Abreise abziehen, wird das tatsächlich als Theater inszeniert. Fiordiligi, die in ihrer Standhaftigkeit über sich hinauswachsen will, steigt auf einen Stuhl ...

Entscheidend ist wieder die enge Umarmung von Szene und Musik. Boysen und Dirigent Sascha Goetzel arbeiten in jedem Atemzug einander zu. Goetzel holt aus dem Tiroler Symphonieorchester feinste kammermusikalische Valeurs, Hammerklavier und Violoncello grundieren lebhaft kommentierend die Rezitative. Die Arien werden demonstrativ ins Publikum gesungen, ohne dass Rampentheater entstünde, doch während der höchst kurzweilig gestalteten Rezitative verwandelt Boysen im Einheitsbild eines süditalienischen Cafés die Oper in ein Schauspiel.

Sechs Personen sind in die Wette eines Partnertausches verwickelt und stürzen in eine grausame, abgrundtiefe Gefühlsverwirrung. Boysen inszeniert den Inbegriff des "dramma giocoso". Die scheinbare Schwerelosigkeit, die über der Tragik erreicht wird, Facettenreichtum und Esprit finden ihre Entsprechung in dem hervorragenden Ensemble. Juliane Banse, die ihre erste Fiordiligi erprobt, ist dieser Figur mit ganzer Seele und leidenschaftlichem Gesang verfallen, Lysianne Tremblays spielt ihren herrlich lyrischen Mezzosopran geschmackvoll aus. Eine Entdeckung der Tenor von Peter Sonn (Ferrando), wendig Dominik Hosefelders Guglielmo. Eine besondere Figur und hervorragend gesungen ist Debra Fernandes Despina, ebenso präsent wie dezent Michael Dries' Don Alfonso.

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