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"Cosi fan tutte" bei den Salzburger Festspielen: Applaus für eine im Sti Dalís inszenierte Oper.

Ein Fenster. Bewölkter Himmel. Vollmond. Nein, keine Wolke schiebt sich über den Mond wie eine Rasierklinge, schließlich ist das nicht "Der Andalusische Hund", sondern "Così fan tutte". Doch Ursel und Karl-Ernst Herrmanns Inszenierung der Mozart-Oper für die Salzburger Festspiele hat optisch starke Anleihen bei Salvador Dalí genommen. In der endlosen Einöde auf der Bühne des Großen Festspielhauses liegt einsam ein angesprungenes Ei, als ob es aus einem Bild des spanischen Surrealisten gerollt wäre. Sonst steht da nur noch das Klavier, auf dem der Continuo-Part gespielt wird. In dieser kargen Seelenlandschaft haben die Herrmanns Wolfgang Amadeus Mozarts und Lorenzo da Pontes Abgesang auf die juvenilen Illusionen über ewige Liebe angesiedelt.

Während die Figuren auf der Bühne jäh und für immer aus dem Zustand der Jugend gerissen werden, ist die Aufführung als solche ein Triumph der Jugend. Jung sind die Sänger der Liebespaare, jung ist Dirigent Philippe Jordan.

Es sei ihm verziehen, dass er an einer Stelle die Wiener Philharmoniker wie eine Militärmusikkapelle - humptata, humptata - klingen lässt, ansonsten aber macht er im Orchestergraben bravourös jenes Seelendrama hörbar, das auf der Bühne dargestellt wird.

Ein Hanussen der Herzen

Trotz des langsamen Tempos, trotz der vielen Pausen zieht sich die Aufführung zu keinem Zeitpunkt wie Pizzateig (schließlich sind wir in Neapel), noch dazu, wo viele Rezitative zusätzlich den Fluss der Musik hemmen.

Es ist ein zwielichtiger Magier, der hier die Fäden zieht, ein Hanussen der Herzen, der sich mit einer willfährigen Clique umgibt, dem Chor. Souverän gibt Thomas Allen diesen dämonischen Don Alfonso, der den Liebenden beweisen will, wie auswechselbar sie sind. Zur Seite steht ihm Despina, mehr exzentrische Gouvernante, denn kecke Kammerzofe (herrlich: Helen Donath).

Bei den Herrmanns haben Fiordiligi und Dorabella die Pläne ihrer Verlobten belauscht und wissen um die geplante Treueprobe. Als Ferrando und Guglielmo als orientalische Gigolos verkleidet daherkommen, flirtet anfangs noch jede mit dem eigenen Geliebten. Doch dann, zum Erstaunen der beiden Männer, entscheiden sie sich für den Verlobten der jeweils anderen - bekanntlich sind es immer die Frauen, welche die Entscheidung treffen.

Die Frauen entscheiden

Während Dorabella (tadellos: Elina GarancÇa) sich schnell in Guglielmos Arme wirft, schwankt Fiordiligi zwischen der Liebe zu ihrem Verlobten und der Verliebtheit in Ferrando. Ihr Rondo "Per pietà, ben mio", in dem Tamar Iveri die ganze innere Zerrissenheit der Figur grandios vor dem Publikum ausbreitet, ist der Höhepunkt der Aufführung.

Auch die Stimmen der beiden betrogenen Betrüger machen diese "Così" zum Genuss: Saimir Pirgus unwiderstehlicher Schmelz vermag Ferrandos Verzweiflung ebenso überzeugend zur Geltung zu bringen wie dessen Verführungskünste. Und Nicola Ulivieri kann in der Partie des Guglielmo seine anfängliche stimmliche Noblesse auch in die Ruppigkeit des illoyalen Freundes und das nackte Leid des Betrogenen transformieren.

Dass die vier Figuren am Ende erwachsen geworden sind, nützt ihnen in der weisen Herrmann'schen Inszenierung jedoch nichts: Sie bleiben gefangen in einem Labyrinth der Leidenschaften. Großer, uneingeschränkter Applaus.

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