Inkarnation des Wiener Gemütes

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Fritz Muliar, begnadeter Volksschauspieler und Furche-Kolumnist, wird 80 Jahre alt.

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Fritz Muliar, begnadeter Volksschauspieler und Furche-Kolumnist, wird 80 Jahre alt.

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Unglaublich - der Muliar wird 80! Nicht wenige reagieren so erstaunt, wenn sie erfahren, daß Fritz Muliar, Regisseur, Schauspieler, Autor, Professor, Kammerschauspieler und Furche-Kolumnist, am 12. Dezember diesen runden Geburtstag feiert. Die Inkarnation des Weisheit, Humor und Raunzertum verbindenden Wiener Gemütes ist Ehrenmitglied des Burgtheaters und des Theaters in der Josefstadt. Letztere ehrt ihn mit der Hauptrolle in der österreichischen Erstaufführung von Jeff Barons feinsinniger Komödie "Besuch bei Mr. Green", die am 9. Dezember im Wiener Rabenhof Premiere hat und ab März 2000 ins Haupthaus in der Josefstadt übernommen werden soll. Zu seinem Fest beschenkt Fritz Muliar auch andere: Am 11. Dezember präsentiert er im Wiener Theater Akzent sein neues Soloprogramm "Der Rabbi vom Cafe Central - Eigenes und noch Besseres" und widmet den Abend der Gefangenenhilfsorganisation "Amnesty international".

Mir begegnete der große Volksschauspieler Fritz Muliar zunächst nicht auf der Bühne oder als Gesicht in einem Film, sondern als eine Stimme. Als eine Stimme, an der ich bewunderte, wie unnachahmlich sie es verstand, für eine Rolle, einen Text die angemessenen Töne zu finden, die Pointen mit dem größtmöglichen Effekt zu setzen. Unzählige Male hörte ich mir in meiner Jugend Schallplatten an, auf denen er Roda-Roda las oder als Nestroys Knieriem zu hören war. Als wir ein Fernsehgerät bekamen, nahm ich gerne Theaterstücke auf Tonband auf, eines davon, mit Muliar in der Hauptrolle, habe ich noch intensiv vor Ohren: "Das Protektionskind" von Gustav Davis, dem Gründer der ursprünglichen "Kronenzeitung", in einer Inszenierung des Wiener Volkstheaters.

Das Volkstheater war eine der vielen Stationen des gebürtigen Wieners, der am Wiener Konservatorium ausgebildet und 1937 an Stella Kadmons Bühne "Der liebe Augustin" engagiert wurde. Nach dem Krieg führten ihn Lehrjahre an Kleinbühnen und in die Provinz, nach Graz und Innsbruck, vor allem aber auch zum Kabarett, dem er an der Seite des großen Karl Farkas im "Simpl" lange treu blieb. Bald holten ihn die größeren und großen Häuser: das Raimundtheater, das Volkstheater, das Theater in der Josefstadt, das Burgtheater, an dem er sich in der Ära Peymann pensionieren ließ. Wer seine legendäre Gegnerschaft zu Claus Peymann nur als "Piefke"-Aversion deutet, übersieht, wie oft Muliar in Deutschland gespielt hat, wie beliebt er dort ist und wie gerne er nach wie vor dorthin zu TV-Talkshows eingeladen wird. Sein Unmut war und blieb in erster Linie gegen die Art gerichtet, wie die Direktion Peymann das Ensemble behandelte und den Anspruch erhob, den rückständigen Österreichern mit allen Mitteln zeigen zu müssen, wo's im modernen deutschen Theater langgeht.

Muliar hat, ob Musical oder Theater, ob Film oder Fernsehen, unzählige Rollen grandios gespielt - vom Sancho Pansa in der denkwürdigen deutschsprachigen Erstaufführung des Musicals "Der Mann von La Mancha" an der Seite des unvergessenen Josef Meinrad über den perfekt böhmakelnden Schwejk bis zum ebenso perfekt sächselnden Striese. Er brillierte in seichten Komödien ebenso wie in schwerer Kost wie 1990 in Felix Mitterers "Sibirien", als, wie jetzt bei "Besuch bei Mr. Green", Franz Morak Regie führte.

Auch als engagierter Kommentator des Zeitgeschehens trat Fritz Muliar wiederholt in der Öffentlichkeit auf, zuletzt regelmäßig unter "ex tempore" als Kolumnist der Furche, die einem ihrer treuesten Freunde herzlich zu seinem Jubiläum gratuliert.

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