Kreatives Marketing

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Das dritte Handy-Netz startet - schon jetzt ist der Wettbewerb beinhart. Die Kunden dürfen sich freuen: Auch im Festnetz purzeln die Preise.

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Das dritte Handy-Netz startet - schon jetzt ist der Wettbewerb beinhart. Die Kunden dürfen sich freuen: Auch im Festnetz purzeln die Preise.

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In den Schubladen der HandyNetzbetreiber Mobilkom und max.mobil türmen sich die Unterlagen mit dem Vermerk "top secret". Inhalt: Szenarien und Berechnungen für neue Tarife und innovative Handy-Zusatzangebote. Auslöser der zusätzlichen Marketing-Kreativität ist der bevorstehende Start des dritten Netzbetreibers Connect. Der Newcomer hat es eilig. "Mit jedem Monat, den wir später auf den Markt kommen, verlieren wir Tausende potentielle Kunden", sagt Connect-Geschäftsführer Eduard Zehetner. Im August nahm das Unternehmen in Tirol und Vorarlberg den Probebetrieb auf. Am 26. Oktober erfolgt der Marktauftritt in ganz Österreich unter dem Namen "one".

Der Kampf um den boomenden Handymarkt wird dann in voller Härte ausgetragen, wobei der Sieger jetzt schon eindeutig feststeht: die Kunden. Derzeit besitzen bereits über 1,8 Millionen Österreicher ein Mobiltelefon. Über 1,27 Millionen telefonieren bei der Mobilkom (220.000 im veralteten D-Netz und 1,05 Millionen im modernen GSM-Netz) und 550.000 bei max.mobil. Jeden Monat kommen 90.000 neue Teilnehmer dazu. Connect-Chef Zehetner geht davon aus, "daß in den nächsten sieben bis zehn Jahren etwa 60 Prozent der Österreicher ein Handy besitzen werden". Klar, daß sich jeder Netzbetreiber einen ordentlichen Anteil an diesem riesigen Geschäft sichern möchte.

Ab November 1998: massive Preisreduktionen Marktführer Mobilkom wird 1998 über zehn Milliarden Schilling umsetzen, Herausforderer max.mobil peilt für heuer über vier Milliarden Schilling an. Fritz Radinger, max.mobil-Geschäftsführer, ist zufrieden: "Damit werden wir schon 1999 die Nullinie erreichen und rund drei Jahre früher als ursprünglich geplant aus den Anfangsverlusten kommen."

Zwar schwören alle Beteiligten Stein und Bein, daß sie anläßlich des Starts von Connect keinen Preiskrieg anzetteln werden. Doch das glauben mittlerweile nur mehr unverbesserliche Naivlinge. Erinnerungen an Oktober 1996 werden wach, als max.mobil mit dem Betrieb begann und der damalige Chef Hansjörg Tengg massive Preisnachlässe heftig ablehnte. Die Realität sah freilich anders aus. Max.mobil verkaufte Handys zu Dumpingpreisen und war stets bemüht, den anderen bei den Telefontarifen um Groschenbeträge zu unterbieten.

Es ist anzunehmen, daß Connect am 26. Oktober mit der gleichen Strategie antritt. Erstes Anzeichen für den beinharten Wettbewerb ist Zehetners Versprechen, daß jeder Interessierte, der sich bis zum Nationalfeiertag bei Connect anmeldet, drei Jahre lang monatlich 30 Telefonminuten geschenkt bekommt, was einem monatlichen Rabatt von bis zu 200 Schilling entspricht.

Der anspruchsvolle Handykunde von heute gibt sich aber nicht nur mit niedrigen Preisen zufrieden. Gefragt ist vor allem eine Verbesserung der Sprachqualität. Und da ist Connect-Geschäftsführer Zehetner guter Dinge. Bei jeder Pressekonferenz drückt er Journalisten siegessicher ein Connect-Handy und ein Mobilkom-Handy in die Hand, um den Unterschied zu demonstrieren. Und wirklich: Während das Mobilkom-Gerät schon beim Verbindungsaufbau leicht zu rauschen beginnt, ist bei Connect - im ersten Testbetrieb - kaum ein Unterschied zum gewöhnlichen Festnetztelefon festzustellen. "Wir haben eine ganz andere Qualitätsklasse als die Mitbewerber. Rauschen, Echo, Empfangsprobleme und Gesprächsabbrüche wegen Netzüberlastung kennen wir nicht", erklärt Zehetner.

Keine störenden Nebengeräusche Das Geheimnis liegt in der Frequenz. Während max.mobil und Mobilkom im 900-Megahertz-Band funken, hat sich Connect das Recht für das 1800-Frequenz-Band gesichert. Das hat zwar den Nachteil, daß landauf, landab mehr Sender aufgestellt werden müssen, dafür können sich die qualitativen Vorteile hören lassen: Es gibt keine störenden Nebengeräusche und die Durchdringungsrate der 1800er Handys ist so hoch, daß Telefonieren in Gebäuden ebensowenig ein Problem ist wie in Tunnels. Kein Wunder, daß auch schon die Konkurrenz um die 1800-Frequenz angesucht hat.

Insgesamt zwölf Milliarden Schilling investiert Connect in den Aufbau der zum Senden notwendigen Infrastruktur. 1.000 Sendemasten wurden bereits aufgestellt, um 80 Prozent der Bevölkerung abzudecken. Zum Vergleich: Die Mobilkom erreicht eine Bevölkerungsdichte von 95 Prozent Österreichs, max.mobil liegt bei 93 Prozent. Bis Ende 1999 will der dritte Netzbetreiber über 3.000 Sender aufstellen, um auf die gleiche Dichte wie die Mobilkom zu kommen.

Wer Connect nutzen will, muß sich ein neues sogenanntes "Dual-Band-Handy" kaufen. Denn die herkömmlichen Geräte funktionieren nur für das 900-Frequenz-Band. "Unsere genauen Preise geben wir erst kurz vor dem Starttermin am 26. Oktober bekannt", sagt Zehetner.

So lohnt sich ein Blick nach Tirol und Vorarlberg, wo Connect seit August vier Einstiegspakete mit Handys zum Preis von 1.500 bis 5.000 Schilling anbietet. Im Gegensatz zum undurchschaubaren Tarifdschungel der Mitbewerber trumpft Connect mit zwei Tarifen auf: * One Business für Geschäftsleute und Vieltelefonierer: Hier zahlt der Kunde monatlich 399 Schilling Grundgebühr und telefoniert zu jeder Tages- und Nachtzeit um 3,99 Schilling pro Minute.

* One Classic liegt bei 299 Schilling Grundgebühr. Die Gesprächsminute kostet von Montag bis Freitag zwischen 8 und 17 Uhr genau 6,99 Schilling, die übrige Zeit nur 1,99 Schilling.

Die Tarife sind niedriger als bei der Konkurrenz. Sie gelten aber eben nur für den Probebetrieb in Tirol und Vorarlberg. Für den österreichweiten Start ist mit einer weiteren Preisreduktion zu rechnen. Schließlich hat Connect-Chef Zehetner schon versichert: "Höhere Tarife als in Tirol und Vorarlberg wird es am 26. Oktober gewiß nicht geben."

Max.mobil hat auf den Newcomer bereits reagiert und beschert seit September allen Unternehmen, die mehrere Handys kaufen, noch günstigere Telefonkosten. Mit dem Produkt company.max haben Firmen die Möglichkeit, bis zu fünf Mobiltelefone anzumelden. Die Gesprächsgebühr beträgt dann rund um die Uhr 3,98 Schilling pro Minute. "Damit sind wir um einen Groschen billiger als der derzeitige Business-Tarif von Connect", betont Fritz Radinger, max.mobil-Geschäftsführer. Und was passiert wenn Connect am 26. Oktober die Preise weiter reduziert? "Dann werden wir uns auch etwas einfallen lassen", kündigt Radinger an.

Auch im normalen Telefonnetz sinken die Tarife Nicht nur bei den Handys purzeln die Preise. Seit dem Fall des Postmonopols zu Jahresbeginn haben in Österreich 27 Unternehmen - teils Töchter internationaler Telekom-Konzerne, aber auch kleine private Betreibergesellschaften - die Lizenz zum Anbieten von Telefongesprächen im Festnetz (also über normale Telefonleitungen) bekommen. Sie kaufen bei internationalen Telekom-Multis Telefonzeiten in großer Menge ein und geben sie an ihre Kunden zu günstigeren Konditionen weiter, als diese selbst bei den Telefongiganten bekommen würden. In Österreich können sie gegen Entgelt die Leitungen der Post (PTA), der UTA (im Besitz der Landesenergieversorger) und von "tele.ring" (gehören den Österreichischen Bundesbahnen) nutzen.

Da jeder der 27 privaten Telefonanbieter mit anderen Gesellschaften zusammenarbeitet, sind ihre Tarife sehr unterschiedlich. So ist die Firma NetNet mit einem Minutentarif von 1,9 Schilling für Gespräche nach Norwegen unschlagbar. Die UTA steht nach wie vor mit ihren bundesländerweiten Ortstarifen bei Inlandsverbindungen unangefochten an der Spitze. Der Anbieter Pegasus wiederum bietet Telefonate nach Italien und Tschechien besonders günstig an.

Wie das Ganze funktioniert, zeigt das Beispiel der Textilhandelskette Kleider Bauer, die ihre Telefonate seit kurzem über "European Telecom International" (ETI) abwickeln läßt. "Wir brauchen dazu weder einen eigenen Telefonanschluß noch eine eigene Telefonnummer", erklärt Kleider-Bauer-Manager Eugen Mühlvenzl. ETI ist ein Telefonanbieter, der bei mehreren internationalen Telefongesellschaften (auch bei der PTA und der UTA) große Mengen an Telefonzeiten eingekauft hat und gegen Gebühr deren Leitungen benutzen darf. Will Mühlvenzl von der Kleider Bauer Zentrale im niederösterreichischen Perchtoldsdorf mit der Salzburger Filiale telefonieren, muß er zunächst die ETI-Telefonnummer 1007 wählen. Er wird mit der ETI-Zentrale in Wien verbunden. Dann wählt Mühlvenzl die Nummer der Salzburger Filiale. In Sekundenschnelle rechnet ein Computer in der ETI-Zentrale aus, über welche Leitungsnetze das Gespräch am billigsten geführt werden kann.

Im konkreten Fall werden von Perchtoldsdorf nach Wien zur ETI-Zentrale die PTA-Leitungen und von Wien nach Salzburg das UTA-Netz in Anspruch genommen. "Seitdem wir mit ETI zusammenarbeiten, haben sich unsere Telefonkosten um 25 Prozent reduziert", freut sich Mühlvenzl.

Wegen des enormen technischen Aufwandes haben sich die 27 privaten Telefonanbieter bisher auf das Geschäft mit großen Firmen spezialisiert. Die UTA, die nach der PTA über das zweitgrößte Telefonnetz Österreichs verfügt, konzentriert sich auf Betriebe mit mindestens 15 Amtsleitungen und mit einer Telefonrechnung von über 40.000 Schilling. Ab Mitte Oktober will die UTA ihre Dienste auch privaten Haushalten anbieten. UTA-Chef Helmut Schönthaler warnt allerdings vor übertriebenen Erwartungen: "Natürlich kann jeder bei uns mitmachen. Profitieren werden aber nur diejenigen, die einen Großteil ihrer Gespräche ins Ausland oder in andere Bundesländer führen. Bei Ortsgesprächen ist nach wie vor die Post am günstigsten."

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