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Tartuffe - schmierig Nach der komplexen Zeitreise "Ewiger Golem" widmen sich die Sommerspiele Altenburg in der Bibliothek des Stiftes heuer leichterer Kost: Molieres "Tartuffe". Witzig und realitätsnah hat Regisseur Dieter O. Holzinger die Charakterkomödie mit einer Rahmenhandlung - Moliere probt mit seiner Truppe den "Tartuffe" - umgeben. Sie nimmt auf die Umstände Bezug, unter denen der Theatermann arbeitete. Dreimal musste Moliere seine bissige Satire auf die frömmelnde Scheinheiligkeit seiner Zeit umarbeiten, bevor sie nach fünfjährigem Kampf zur endgültigen Uraufführung (1669) kommen konnte. Mit Humor schöpft das Ensemble die Möglichkeiten des Spiels im Spiel aus. Am Rande erlebt man Probenalltag mit kleinen Eitelkeiten und Molieres Sorge um sein Stück. Ein herrlicher Tartuffe ist Günter Franzmeier: devot, schmierig und eiskalt zugleich. Peter Uray, bei Holzinger auch der patriarchalische Prinzipal der Truppe, verstrickt sich als reicher Bürger Orgon mit Naivität in dessen Schlingen. Mit Dany Sigel, Rolf Schwab, Christine Sommer, Mario Schober und anderen bietet sich eine sorgfältig erarbeitete Aufführung.

Annemarie Klinger Wurzel - behäbig Das Windgeheul beim Auftritt des Hohen Alters kam vom Band, die Eiseskälte lieferte die Natur. Den Widrigkeiten zum Trotz hielt das in Decken eingewickelte Publikum bei der Premiere von Ferdinand Raimunds "Der Bauer als Millionär" bei den Kobersdorfer Schlossspielen durch und spendete begeistert Applaus. Inszeniert hat Intendant Rudolf Buczolich: ohne große Regie-Ambitionen, mit heiterer Gemütlichkeit und mit beschaulich ausgebreiteter Geschichte.

Behäbig und füllig gibt Gerhard Ernst den mit dem Reichtum herzlos gewordenen Fortunatus Wurzel. Sein Bauer ist ein grob geschnitzter realitätsnaher einfacher Mensch. Gut ist sein Wandel vom kraftstrotzenden Millionär zum alten Mann gelungen: als ob ein praller Ballon plötzlich alle Luft verliert. Ein Bravourstück liefert Hilde Sochor mit ihrem komisch-furiosen Auftritt als Hohes Alter und auch der Rest des Ensembles verdient Beachtung. Gewöhnungsbedürftig ist lediglich das Farbenspiel der Ausstattung und der den bunten Phantasiekostümen von Hanna und Nathalie Wartenegg.

Annemarie Klinger Dickfell - quirlig Es war eine windige Angelegenheit: Weder Kurt Sobotka kam in Nestroys "Nur Ruhe!!!" zu eben solcher, auchdas Premierenpublikum, eingehüllt in dicke Mäntel und Decken, wetzte fröstelnd umher. Elfriede Ott, die auf der Burg Liechtenstein zum 18. Mal Nestroy inszenierte, diesmal gemeinsam mit Reinhard Hauser, spielt gewohnt quirlig den jugendlichen Fabriksarbeiter Rochus Dickfell. Als Ledermeister Sobotka an den Ruhestand denkt, brechen über sein Haus Heiratswirren und Eifersüchteleien herein. Von Ruhe also keine Spur, zumal sturmartige Böen auch dem Ensemble zusetzten.

Der Sturm wurde gleich in die Handlung miteingebaut, was der ohnehin recht slapstick-lastigen Inszenierung gar nicht gut tat. Nestroy auf Liechtenstein, das ist ein wenig gelungener Pointenregen im Gewand eines österreichischen Volksstückes. Das Ensemble, darunter der Barde Wilfried, Sabine Staudacher, Manfred Dungl und Sebastian Holecek, versuchte jedenfalls betont lustvoll, der Schlechtwetterlage Herr zu werden, was viele Zuschauer aber nicht davon abhielt, schon in der Pause das Weite zu suchen.

Matthias Greuling

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