Starke Frauen in Linz

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Beeindruckender Theaterherbst am Landestheater Linz: Verdis "Tosca", Hebbels "Maria Magdalena" und "Vor Sonnenuntergang" von Hauptmann.

Puccinis Oper "Tosca" war zugleich Auftakt und erster musikdramatischer Höhepunkt dieser Saison im Großen Haus, begeistern die Protagonisten doch mit ihren voluminösen geschmeidigen Stimmen und einer Gesangskultur, die sie befähigt, jeder Gefühlsregung überzeugenden Ausdruck zu geben: Karen Robertson (Tosca), Emmanuel di Villarosa (Cavaradossi) und, als Gast, Krister St. Hill (Scarpia). Die gesanglichen Leistungen der weiteren Mitwirkenden, einschließlich des von Georg Leopold einstudierten Chors und Extrachors des Landestheaters, fügen sich in das hohe Niveau der Aufführung ein. Mit sicherer Hand führt Dennis Russell Davies (Musikalische Leitung) die Gesangssolisten und sein mit Animo musizierendes Brucknerorchester durch das schwierige Opernwerk. Die Inszenierung, die sich vor allem durch einfühlsame Personenführung auszeichnet, liegt in den Händen von Andrea Schwalbach.

Schauspieldirektor Gerhard Willert nahm sich eines scheinbar völlig inaktuellen und fast vergessenen Schauspiels an und stellte eine vor innerer Spannung vibrierende Inszenierung mit beeindruckenden künstlerischen Leistungen des Ensembles auf die Bühne der Kammerspiele: "Maria Magdalena. Bürgerliches Trauerspiel in drei Akten" von Friedrich Hebbel. Willert verfremdet nichts und belässt die Handlung in ihrer Zeit des Biedermeier. Und siehe da, es gibt doch Parallelen zum Heute, die im fatalen Ineinandergreifen von bestimmten Charaktereigenschaften, Ereignissen und Umständen liegen. So kann man, wie Hebbels Meister Anton, schuldlos schuldig werden und die eigene Tochter, die vom ungeliebten Bräutigam vergewaltigt, geschwängert und dann einer besseren Partie wegen sitzen gelassen wurde, aus Engstirnigkeit in den Tod treiben. Gespielt wird mit großer Schlichtheit, aus der allemal die seelische Not ihre eigene Sprache spricht. Das genügte für atemlose Stille im Publikum. Hervorzuheben sind Thomas Kasten (Meister Anton) und Ina Tempel (Tochter Klara) stellvertretend für alle Mitwirkenden.

Mit dem Schauspiel "Vor Sonnenuntergang" steht endlich wieder einmal ein Werk von Gerhart Hauptmann auf der Bühne. Die Geschichte sei zur Erinnerung rasch skizziert: Der verwitwete 70-jährige Konzernherr Matthias Clausen (Gerhard Brössner) verliebt sich in die noch sehr junge Inken Peters, die er heiraten will, da sie seine Liebe erwidert. Sofort fürchten Clausens Kinder und Schwiegerkinder um ihr Erbe, um Einfluss und Profit. Ihre Gegenmaßnahmen führen zur Entmündigung des Vaters und treiben ihn in den Tod. Georg Schmiedleitner hat für seine stringente Inszenierung im Großen Haus das Personal des Stückes reduziert, seine eigene Textfassung verwendet und führt die Familienmitglieder Clausens in all ihrer Niedertracht vor. Schmiedleitner choreografiert effektvoll auf der großen, kahlen Bühne die diversen Familien- und Freundestreffen. Für illustrative Musik sorgt Marcus Huemer live auf dem Kontrabass. Gunda Schanderer gibt die Inken zwar als unbekümmertes Mädel von natürlicher Frische, in ihrer Verliebtheit aber zu aggressiv. Bleibt noch zu sagen, dass Gerhard Brössner mit der Hauptfigur des Clausen eine ergreifende Charakterstudie geschaffen hat.

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