Unglaublich homogen

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Beuys-Editionen aus der Sammlung Schlegel im Wiener MAK.

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Beuys-Editionen aus der Sammlung Schlegel im Wiener MAK.

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Das Verhältnis zwischen Joseph Beuys und Wien war ein besonderes. Zahlreiche Episoden und Gerüchte ranken sich um die Wiener Aufenthalte des Kunstgurus Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre. Beuys hat zwar den Ruf an die Hochschule für angewandte Kunst abgelehnt, begeisterte jedoch 1983 die Wiener Kunststudenten in Gastvorträgen und Diskussionen. Bis ihn das Cafe Sacher vor die Alternative stellte, den Hut abzunehmen oder zu gehen. Beuys ging. Und Wien redete.

Umso erfreulicher ist es, daß hierzulande erstmals seit 20 Jahren wieder eine umfassende Ausstellung die Möglichkeit zur direkten Auseinandersetzung mit Beuys-Werken bietet. Gezeigt werden an die 560 Exponate aus der Berliner Privatsammlung von Reinhard Schlegel - ausschließlich "Multiples" (vervielfältigte Kunstobjekte) oder anders formuliert: Editionen. Dies könnte bei einem anderen Künstler eine Ausstellung zweiter Klasse bedeuten. Nicht im Falle von Beuys. Denn gerade die reproduzierten und - damals! - für jedermann billig erwerbbaren Werke bilden den zentralen Baustein im politisch orientierten Denken von Joseph Beuys: "Wenn ihr alle meine Multiples habt, dann habt ihr mich ganz." An der "Verbreitung von physischen Vehikeln in Form von Editionen" war Beuys so interessiert, weil es ihm in Zusammenhang mit seinem erweiterten Kunstbegriff ("Soziale Plastik", "Jeder Mensch ein Künstler") in erster Linie um die möglichst breite Vermittlung von Ideen ging. Beuys, 1979 auch einer der Mitbegründer der deutschen Grünen, wollte weit über die Kunstszene hinaus wirksam sein. Und gerade dazu eigneten sich Plakate, Postkarten, Alltagsobjekte und Druckgraphik.

Der Ausstellung gelingt es, dem Besucher Grundzüge des Beuysschen Denkens näherzubringen. Dazu trägt auch die Gestaltung bei - etwa die weißgrundierten, "rohen" Bretterwände oder die nichtchronologische, stärker assoziative Hängung.

Beim Gang durch die Schau überrascht auf jeden Fall eines: die unglaubliche Homogenität des Werks. Wie immer man zu Beuys steht, jedes auch noch so kleine Dokument zeugt in gleichbleibender ästhetischer wie inhaltlicher Dichte von der Beuysschen Utopie, Kunst und Leben zu einer Einheit zu verschmelzen. Nicht entgehen lassen sollte man sich die im Rahmen der Ausstellung gezeigten Filme.

Bis 30. April 2000, MAK, Wien.

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