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In der eigenen Familie sind oft keine Großeltern vor Ort. Eine beliebte Möglichkeit zur Betreuung der Kinder in den eigenen vier Wänden ist die Leihoma.

Wenn Isabella und Flora ihre Oma Edith sehen, hüpfen sie vor Freude an ihr hoch und drücken sich an sie. Sehnlichst wird sie jedes Mal erwartet. Mindestens zweimal pro Woche besucht Oma Edith die Familie der zweijährigen Zwillingsmädchen. Sie spielt und singt mit den beiden oder geht mit ihnen spazieren, und greift so der jungen Mutter ein wenig unter die Arme. Oma Edith ist aber nicht die leibliche Großmutter der Zwillinge, sondern eine Leihoma. Die eigenen Großeltern leben in Oberösterreich und in Großbritannien. Zu weit weg, um selbst zu helfen. Seit die Kleinen wenige Monate alt waren, ist sie regelmäßig für die Familie da. "Für mich sind die beiden inzwischen wie richtige Enkelkinder, da gibt es keinen Unterschied“, erzählt Oma Edith.

Das Kinderzimmer als zweites Zuhause

Mittlerweile findet sich die 70-Jährige tadellos in der Wohnung der Familie zurecht. Sie weiß, wo sich die Windeln, das aktuelle Lieblingsspielzeug und der Babybrei befinden, wann sie den Kleinen etwas zu essen machen soll oder mit ihnen spazieren geht und welche Spiele die beiden gerade mögen. Die Rituale sind bei jedem Besuch die Gleichen. "Man muss einfach nur für die Kinder da sein“, sagt Oma Edith. Kochen oder Haushaltstätigkeiten gehören nicht zu den Aufgaben einer Leihoma. Immer mit dabei ist ihr Liederbuch. Mit beiden Mädchen am Schoß sitzt Oma Edith da und singt. "Meine kleinen Hosenscheißerl“, seufzt sie und lacht.

Vor drei Jahren hatte Oma Edith eine Möglichkeit gesucht, ihre Pension etwas aufzubessern und gleichzeitig etwas Sinnvolles zu tun. Von einer Freundin hat sie vom Oma-Dienst des Katholischen Familienverbands der Erzdiözese Wien erfahren. "Ich habe selbst zwei Söhne und fünf Enkelkinder. Ich hatte also immer mit Kindern zu tun“, sagt die pensionierte Büroangestellte. Der Oma-Dienst schien wie gemacht für sie.

Wie ihr ergeht es vielen älteren Damen. In Wien gibt es derzeit mehr als 300 Leihomas, die sich für ein paar Stunden in der Woche um ihre Leih-Enkerl kümmern. Vermittelt werden sie vom Familienverband, bezahlt von den Eltern. Als Richtwert sind neun Euro pro Stunde vorgegeben. Den genauen Wert legen aber Oma und Eltern selbst fest.

Welche Leihoma zu welcher Familie passen könnte, entscheidet Andrea Beer. Sie leitet den Oma-Dienst des Katholischen Familienverbandes in Wien. Mit jeder Dame, die sich für diese verantwortungsvolle Tätigkeit interessiert, führt sie zuerst ein ausführliches Gespräch. Wichtig ist ihr bei der Entscheidung, ob jemand Erfahrung mit Kindern hat und vor allem, ob die Liebe zu ihnen da ist. "Bei uns arbeiten Frauen, die entweder selbst Kinder haben oder die im Berufsleben mit Kindern zu tun hatten. Viele waren Kindergärtnerin, Lehrerin oder auch Krankenschwester“, sagt Andrea Beer. Die typische Leihoma ist um die 60 Jahre alt, körperlich und psychisch fit und noch möglichst aktiv.

Ein Großteil der Damen besucht vor ihrer Arbeit als Leihoma einen Kurs, der sie auf ihre Tätigkeiten vorbereiten soll. Familien- und Lebensberaterinnen zeigen, was sie erwarten wird, und wie sie etwa mit Konfliktsituationen umgehen können. Auch ein Erste-Hilfe-Kurs, ausgerichtet auf Kleinkinder, wird veranstaltet. "Diese Kurse sind zwar nicht verpflichtend, aber wir raten den Damen dazu, am Kurs teilzunehmen, und sehr viele nehmen das Angebot auch an“, sagt Andrea Beer.

Mehr Erfahrung und Geduld

Wenn sie sich mit Eltern trifft, haben diese oft schon sehr klare Vorstellungen, welche Art von Oma sie gerne hätten. Viele suchen eine sehr aktive Oma oder eine, die möglichst nahe wohnt. Auch die Betreuungszeiten sind oft schon genau überlegt. "Wir versuchen, diese Wünsche bereits im Vorfeld abzustimmen und eine Oma zu vermitteln, von der wir glauben, dass sie gut zur Familie passen könnte“, erklärt Andrea Beer. Die endgültige Entscheidung trifft aber die Familie selbst. "Wenn die vorgeschlagene Oma nicht passt, suchen wir eben weiter“, so Beer. Im vergangenen Jahr hat das Team rund um den Oma-Dienst an 500 Wiener Familien eine Leihoma vermittelt. Warum einige Eltern eine solche Kinderbetreuung bevorzugen, ist Andrea Beer klar: "Die Oma kommt nach Hause und hütet das Kind in der gewohnten Umgebung. Es ist die familienähnlichste Form der Kinderbetreuung und es gibt von klein auf eine zusätzliche Bezugsperson.“ Vor allem kleine Kinder zwischen null und zwei Jahren werden so betreut. Viele Eltern wollen ihre Kinder in diesem Alter aber noch nicht zu einer Tagesmutter geben. Dann kommt die Leihoma gerade recht. Oma Edith ist sich ihrer Qualitäten bewusst: "Auch wenn ältere Menschen keine Kinder haben, sie haben einfach mehr Lebenserfahrung und Geduld mit Kindern.“ Mehr Zeit für ihre Enkel auf Zeit.

Oma-Dienst

Rund 500 Leihomas hat das Team des Katholischen Familienverbandes 2011 an Wiener

Familien vermittelt. Vor allem Babys und Kleinkinder werden so betreut. Bezahlt werden die Leih-omas von den Eltern, der Richtwert liegt bei 9 Euro pro Stunde. Viele besuchen zur Vorbereitung einen Kurs.

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