Die "Verbuntung" des Andreas Khol

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Aus gegebenem Anlass hat Andreas Khol sein "Politisches Credo" von 1998 neu formuliert. Abgeklärter, in manchen Dingen offener, als es dem Image des einstigen "Chefideologen" entspricht, gleichwohl im Wortsinn konservativ präsentiert sich darin der ÖVP-Politiker.

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Aus gegebenem Anlass hat Andreas Khol sein "Politisches Credo" von 1998 neu formuliert. Abgeklärter, in manchen Dingen offener, als es dem Image des einstigen "Chefideologen" entspricht, gleichwohl im Wortsinn konservativ präsentiert sich darin der ÖVP-Politiker.

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Achtzehn Jahre sind eine lange Zeit, in der Politik zumal. 1998 legte Andreas Khol, damals Klubobmann der ÖVP im Nationalrat, sein Buch "Mein politisches Credo" vor. Nun, 18 Jahre später, reicht der Bundespräsidentschaftskandidat Andreas Khol eine, wie er es nennt, "grundlegende Neufassung" nach.

Den wesentlichen Unterschied zwischen damals und heute sieht Khol in der allgemeinen Stimmungslage sowohl auf nationaler wie auf europäischer und auch globaler Ebene. Der Optimismus, welcher im Gefolge des Zusammenbruchs des Kommunismus und des Endes des Kalten Krieges herrschte, die Überzeugung, dass Marktwirtschaft und Demokratie sich auf dem Siegeszug befänden, Friede, Wohlstand und Sicherheit sich letztlich durchsetzen würden, sei einer durch vielfältige Krisen hervorgerufenen Verunsicherung und ängstlichen Besorgtheit gewichen.

Nicht zuletzt dieser veränderten Stimmungslage versucht Khol Rechnung zu tragen, sie zu reflektieren -und ihr seine von Zuversicht geprägte Perspektive entgegenzuhalten. Auf den Punkt gebracht lautet Khols Programm: Auf den überkommenen und bewährten Werten aufbauend braucht es neue Formen der Bürgerbeteiligung. "Bürgersolidarität" nennt das Khol jetzt, ausgehend von der Überzeugung, dass ohne "belastbare Solidarität"(ein Begriff des Khol freundschaftlich verbundenen Pastoraltheologen Paul M. Zulehner) die Herausforderungen der Zukunft nicht zu bewältigen sein werden.

Keine Angst vor "Leitkultur"

Man merkt dem Buch an, was Sinn und Zweck der Übung gewesen ist: Khol, den bekennenden Konservativen, der von sich einst sagte, er sei so schwarz, dass er auch im Tunnel noch einen Schatten werfe, als überparteilichen, erfahrenen Staatsmann zu positionieren. "Verbuntung" würde das Freund Zulehner nennen. Dabei kann man Khol gewiss nicht vorwerfen, er wolle es nun allen recht machen. Mit seinen Überzeugungen hält er nach wie vor nicht hinterm Berg. Hoch anzurechnen ist ihm etwa, dass er keine Scheu hat, den Begriff "Leitkultur" positiv zu verwenden. Ebenso tritt er mehrfach der zeitgeistigen Ansicht entgegen, die klassische Familie (Vater-Mutter-Kind/er) sei ein Auslaufmodell. Er lässt keinen Zweifel, dass er hinter der jetzigen Linie der Regierung in Sachen Begrenzung der Migration steht ("Es geht um den inneren Frieden in unserem Land"). Und er prangert unmissverständlich den Missbrauch des Wohlfahrtsstaates an: "Die Ursachen für den skandalösen Sozialmissbrauch in Österreich liegen auch im ethischen Bereich."

Aber Khol findet auch in die andere Richtung starke Worte. So schreibt er etwa über die vielzitierte "Lügenpresse", dies sei "ein besonders ekelhafter Kampfbegriff vor allem im rechten fremdenfeindlichen Umfeld". Auch will er den Islam nicht unter Generalverdacht gestellt sehen. Einschlägige Befürchtungen seien angesichts der Fakten "nicht verwunderlich und auch verständlich, aber übertrieben". Und "richtig verstandener und praktizierter Islam ist auch in Österreich und Europa ein wichtiger Wertespender". Ausdrücklich lobt Khol hier Ednan Aslan und Mouhanad Khorchide.

Was aber den wohl (nicht nur) für Khol nach wie vor wichtigsten und traditionsreichsten Wertespender anlangt, die katholische Kirche, so stellt sich der Autor als bekennender Gläubiger hier ganz klar in den zentralen innerkirchlichen Streitfragen (Zulassungsbedingungen zum Priesteramt, Wiederverheiratete) auf die Seite der Reformer und hofft auf entsprechende Fortschritte unter dem gegenwärtigen Pontifikat. Der hartnäckigen Legende, Khol habe seinerzeit die "konservative Wende" in der österreichischen Kirche mitbetrieben, tritt im Nachwort das steirische VP-Urgestein Herwig Hösele entgegen.

Diese "biografische Nachbemerkung" Höseles ist schon erkennbar auf den Wahlkampf hin geschrieben. Sie zeichnet ein Bild des Familienmenschen und homo politicus Andreas Khol, für den das höchste Amt im Staate gewissermaßen die logische Krönung seiner Laufbahn wäre. Jedenfalls, das macht dieses Buch deutlich, stellt sich hier einer der Wahl, der nicht nur die Republik in ihren Tiefenstrukturen und Feinverästelungen bestens kennt, sondern der auch ein klares Bild von der Zukunft dieses Landes hat.

Auf die Stärken unseres Landes bauen Mit der Kraft der Bürgersolidarität. Von Andreas Khol. Styria premium 2016. 224 Seiten, Hardcover mit SU, € 24,90

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