28 Bausteine für die Bürgergesellschaft

Werbung
Werbung
Werbung

Daß Andreas Khol, ÖVP-Klubobmann im Nationalrat und durch viele Publikationen ausgewiesener Experte für Außenpolitik, Rechtslehre und Rechtspolitik, ein "Mann mit Ecken und Kanten" ist, wie bei der Präsentation seines neuen Buches festgestellt wurde, steht außer Zweifel. Seine pointierten Aussagen lassen mitunter sogar bei Sympathisanten seiner Partei den Hut hochgehen und wecken beim politischen Gegner meist erst recht Aggressionen.

Dabei muß man dem kernigen Tiroler, Jahrgang 1941, zugestehen, daß er zu jenen wenigen führenden Köpfen im Lande gehört, die erstens ein umfassendes Wissen über historische und politische Zusammenhänge besitzen und sich zweitens über gesellschaftliche Fragen weit über den parteipolitischen Alltag hinaus Gedanken machen. Sein neues Opus, "Mein politisches Credo - Aufbruch zur Bürgersolidarität", stellt ein beredtes Zeugnis dafür dar.

Nicht dem Staat, der in Gefahr ist zum "Therapie- und Polizeistaat" zu verkommen, traut Andreas Khol die Lösung gegenwärtiger und kommender Probleme zu, sondern "Wertestiftern", wobei er solche traditioneller Art - Ehe, Familie, Kirche, Parteien, Interessenvertreter - in einer Krise sieht, aber von dort - und zwar aus allen politischen Lagern - durchaus noch Material zur Bewältigung der Zukunft erhofft. "28 Bausteine aus alten Wertgebäuden" zieht er für sein Modell der "Bürgersolidarität" heran: "Die freie Bürgergesellschaft in einer starken Demokratie". Der Verstaatlichung der Solidarität, die "ihre Grenzen schon lange überschritten" habe, setzt Khol Eigenverantwortung und privates Engagement entgegen. Er fordert die umfassende Anerkennung ehrenamtlicher Tätigkeiten.

Unter Österreichs Parteien greift Khol am heftigsten das Liberale Forum an, das für ihn "deutlich außerhalb des österreichischen Grundkonsenses" steht, kaum weniger die Grünen, die er mit der "Sozialdemokratie der Zwischenkriegszeit" vergleicht. Die FPÖ ist für ihn "nach den Kriterien von Paul M. Zulehner keine Solidaritätspartei", für die SPÖ sei es höchste Zeit, ein neues Programm zu entwickeln, der ÖVP fehle die konkrete Vision, um ihre Programmarbeit zu vollenden. Deutlicher als man es erwartet hätte, macht sich der Katholik Khol für eine Erneuerung seiner Kirche stark: "Hoffentlich bringen die Bischöfe die Kraft zur Reform und zum echten Dialog auf."

Andreas Khol hat ein Buch geschrieben, das sich nicht in Gemeinplätzen erschöpft und nicht nur lesbar, sondern auch lesenswert ist. Und sein darin enthaltenes wertkonservatives Glaubensbekenntnis ist sicher nicht nur für jene interessant, die ihm weitgehend zustimmen, zumal er zu vielen Fragen auch die nötigen Fakten - Zahlen, Tabellen, Graphiken, aber auch den Text des Kirchenvolks-Begehrens im Wortlaut - liefert. So ist das Buch auch ein kleines Nachschlagewerk, in dem man sich aufgrund des übersichtlichen Inhaltsverzeichnisses auch ohne Sachregister (dafür gibt es ein Personenregister) gut zurechtfindet. Das liegt auch daran, daß Khol ihm wichtige Passagen durch Fettdruck hervorhebt, auf der letzten Seite folgenden Satz, quasi die Quintessenz seines Credo: "Letztlich lebt unsere Gesellschaft in allen Bereichen von den leistungsbereiten Bürgerinnen und Bürgern."

Mein politisches Credo Aufbruch zur Bürgersolidarität.Von Andreas KholMolden-Verlag, Wien 1998223 Seiten, öS 248,

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung