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Keine Bauern, sondern Formen

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Albin Egger-Lienz galt lange Zeit als der Erdverbundene, Bodenständige, der Osttiroler Land-und-Leute-Maler, einer, der sich gegen die „Modernen" ausspielen ließ. Auch die Nazis haben ihn, wahrscheinlich sehr wohl wider besseres Wissen, in diesem Sinne mißverstanden. Er selbst hatte solche Mißverständnisse freilich mit einem einzigen Satz vom Tisch gewischt: „Ich male keine Bauern, sondern Formen".

Die gewaltige Monographie, die Wilfried Kirschl vor fast zwei Jahrzehnten über Albin Egger-Lienz schrieb, setzte nicht nur der Egger-Li-enz-Forschung neue Maßstäbe, sie ging, längst vergriffen, als ein Meilenstein der österreichischen Kunstgeschichtsschreibung in die Geschichte ein.. Die Neuauflage war längst fällig. Nicht zuletzt, weil gerade dieses Werk den Maler in den Blickpunkt rückte, was das Auftauchen neuer Dokumente aller Art, aber auch unbekannter Arbeiten, vor allem Graphik, zur Folge hatte und zu neuen Gesichtspunkten führten.

Nun liegt das schwere Werk, ergänzt, tiefgreifend bearbeitet und streckenweise neu geschrieben, wieder vor. Und der Effekt, den es damals hatte, wiederholt sich. Der allgemeine Eindruck, auch des Rezensenten, war und ist: Selbstverständlich hatte Egger-Lienz es längst nicht mehr notwendig, vom Image des Bodenständigen, ja des Heimatmalers, das er zu Lebzeiten so haßte, befreit zu werden. Doch die Ernsthaftigkeit seiner Arbeit an der Form, das Ausmaß seiner verbissenen Arbeit am einzelnen Bild, war auch seinen Bewunderern im vollen Ausmaß nicht bekannt.

Das wurde für den nicht auf Egger-Lienz spezialisierten Kunstfreund erst erkennbar, als es dank Kirschl möglich war, die Fülle der Varianten,'die zu den verschiedenen Themen und einzelnen Bildern vorliegen, zu überblicken. Etwa die Varianten zum Bild „Sämann und Teufel". Übrigens prangte, eine wahre österreichische Großleistung, viele Jahre der Teufel auf dem österreichischen Schilling -falsch abgepaust, oder weil der Entwerfer einen nackten Sämann wollte.

Bauern und Arbeiter drückt die Arbeit nieder, die Soldaten der Krieg -ergreifender als im Bild „Die Namenlosen", gemalt in vielen Varianten während des Ersten Weltkrieges, zeigte wohl kaum ein Maler, wie der Krieg die Menschen in die Erde drückt und dabei gleich macht.

Albin Egger-Lienz war kein Bauernmaler, aber ein Maler der Bauern und aller kleinen Leute, und auch ein Maler der Typisierung als Thema, als vom Leben hergestelltes, von der Kunst aufgenommenes Motiv.

ALBIN EGGER-LIENZ

Das Gesamtwerk Von Wilfried Kirschl Christian Brandstätter, Wien 1996 2 Bände, 790 Seiten, 100 Farbilder, 720 s.-w. Bilder, Schuber, öS 1.980,-

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