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Tirols großer Maler

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Viele Historiker, Dichter und Schriftsteller haben den Tiroler Freiheitskampf 1809 im Laufe der 150 Jahre erforscht und verewigt. Manch namhafte bildende Künstler setzten ihm bleibende Denkmale. Die eindruckvollsten Gemälde dieses Kampfes aber schuf Albin Egger-Lienz.

Glaube, Freiheit, Heimat ist das Grundthema der Darstellungen des Heldenepos dieser seiner Werke. Der Kämpfer ist der Tiroler Bauer, den er mit einer seltenen Beharrlichkeit auch in seinen übrigen Werken immer wieder zum Thema nimmt. Dies wohl, weil die innerste Art des starken Bergbauerntums auch in ihm lebendig war. Freilich erweiterte er es später mehr und mehr ins Allgemein-menschliche. Egger-Lienz gilt daher als einer der größten Verkünder des abendländischen Menschen. Dies ist nicht unbegründet. Gab es doch kaum einen Maler, der Egger-Lienz in die Höhen und Tiefen zu folgen vermochte, die sein schöpferischer Genius durchschritt.

Viele Male wurde Albin Egger-Lienz vorgeworfen, daß er mit der Volkstümlichkeit nichts mehr zu tun habe. Wenn die Volksverbundenheit Voraussetzung der Volkstümlichkeit ist, so hat es kaum einen Maler gegeben, der, wie er, so mit dem Bauerntum, dem er entstammt, verbunden war. Der größte Teil seines Lebenswerkes ist erfüllt von Darstellungen des Bauern, den er nicht in farbenfrohen, leuchtenden Trachten und malerischer Umgebung, sondern nur in der ganzen Schwere seines arbeitsreichen Lebens und Kampfes mit der Natur und um die Freiheit seiner Heimat darstellte. Egger-Lienz sah im Bauern die Urform des Menschen und läßt die Gestalten mit unbeschreiblichem Ernst zum Beschauer sprechen. Er schuf damit eine künstlerische Form, die freilich nicht jedem verständlich war und ist. Das „Ave nach der Schlacht am Berg Isel”, das er im Jahre 1897 im Münchner Glaspalast ausstellte, war das erste Bild, mit dem Egger-Lienz Aufsehen erregte. Diese Darstellung brachte für die damalige Zeit neue Züge, fast keinen Hintergrund und keine kunstvolle Gruppierung. Statt warmer Töne herrschte kühles, düsteres Kolorit, dem in späteren Gemälden einfachste Farbtongebung folgte. Entscheidend aber war im „Ave” die Ausdruqksgebärde, mit der er die tiefe Innerlichkeit der betenden Sieger nach der Schlacht dem Beschauer zu Gemüte führte. Diesem Gemälde folgten mehrere des Heldenkampfes in diesem Genre.

Mit dem „Kreuz” kamen aber sein vulkanisches Temperament, seine ureigenen Formen schon bedeutend mehr zum Durchbruch. Das Bild wurde aus der gefälligen Anschaulichkeit zum Sinnbild des irdischen und schließlich des. überirdischen Lebens gehoben. Die Wendung geht von der äußerlichen Schilderung nach der Erfassung des Inneren. Ausdruck und Gebärde sind das Bestimmende. Durch Versinnbildlichung wird die Form immer straffer. Der Naturalismus wird allmählich monumentale Stilisierung.

Die Bauern stürmen im „Kreuz” als mächtige Silhouetten mit schweren Schritten dem Kreuzträger nach. Welch gewaltiger Schritt vom Naturmodell zur vereinfachten in Form und Ausdruck gesteigerten Bildfigur.

Den tief innerlichen Glauben unseres Bauernvolkes hat Egger-Lienz auch in vielen anderen Gemälden zum Motiv gewählt. Er ist wohl nie einfacher, größer und echter verkörpert worden.

Das „Kreuz” gibt eine historische Begebenheit des Freiheitskampfes bei der Lienzer Klause wieder.

Der letzte große Auftrag erging an Egger- Lienz im Jahre 1925 aus seiner Heimatstadt. Es war die Ausschmückung der Kriegergedächtniskapelle in Lienz. Das Hauptbild der Kapelle, „Totenopfer”, das er mit „Ero mors tua a mors” beschrieb, ist der Höhepunkt aller Einfachheit und Ergriffenheit. Die letzte Richtung des großen Künstlers hat etwas ausgesprochen Religiöses. Auch in der Kapelle ist neben dem „Totenopfer”, „Sämann” und den „Namenlosen” die „Auferstehung”. Nicht Verzweiflung am Wert des Lebens, wie es oft dargelegt wird, bilden den Abschluß seines Schaffens, sondern seine Ueberzeugung von der Unsterblichkeit.

Die Heimat hat ihrem großen Sohn nicht nur die Ausschmückung der nun berühmt gewordenen Kriegerkapelle übertragen, sondern auch im Heimatmuseum Schloß Bruck, in einer Reihe von Räumen, die von ihr erworbenen Egger-Bilder zur Schau gestellt und ihm damit ein bleibendes Denkmal gesetzt. Das Heimatmuseum wird wohl nicht zuletzt deshalb als eines der bedeutendsten anerkannt.

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