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Digital In Arbeit

Schölten und Hesoun

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Der amerikanische Gewerkschaftsführer Samuel Gom-pers (1850-1924) hat eine Unterscheidung getroffen, die vor allem für die europäische Arbeiterbewegung zutrifft: die in „ma-nualists' und „intellectuals”. Er meinte, daß die „manualists”, die Arbeiter und Männer des praktischen Lebens, vor allem an der Verbesserung der Lebensverhältnisse der Werktätigen interessiert seien, dem Sozialismus als einer die bestehende Ordnung total negierenden Perspektive aber skeptisch bis ablehnend gegenüberstünden.

Diese angeblich höhere Perspektive werde von den Intellektuellen, oft bürgerlicher Herkunft, in die Arbeiterbewegung hineingetragen, ohne bei den Arbeitern selbst auf entsprechende Gegenliebe zu stoßen. Die amerikanische Arbeiterbewegung hat sich dann auch diese Perspektive nie aufzwingen lassen und die radikalen Intellektuellen in ihre Schranken gewiesen.

Nicht so in Europa und im besonderen nicht in Osterreich, wo die Intellektuellen erfolgreich bemüht waren, den Arbeitern ihre vorgeblich höhere Weisheit beizubringen, mit dem Ergebnis, daß die Bauersche Politik, ein Ausdruck dieses intellektuell-marxistischen Sendungsbewußtseins, die Arbeiter in eine Sackgasse und in die Niederlage führte.

Heutzutage können die radikalen Intellektuellen keine faszinierenden gesellschaftlichen Visionen und Alternativen anbieten, da der Sozialismus als Wirtschafts- und Sozialrezept ausgedient hat. Dafür haben die Nachfolger Bauers in der Kulturpolitik eine Spielwiese, in der sie nach wie vor Hegemonie beanspruchen und den Arbeitern in elitärer Arroganz einreden, was sie unter „fortschrittlich” zu verstehen haben.

Doch im Zuge der Emanzipation der Gewerkschaft von der Partei hat sich jetzt ein glaubwürdiger Funktionär der Arbeiterbewegung nicht an diese Sprachregelung und Arbeitsweise zwischen den Intellektuellen, die den Ton angeben, und den Arbeitern, die dies widerspruchslos zur Kenntnis zu nehmen haben, gehalten.

Minister Hesoun ist angesichts der jüngsten Äußerungen des Burgtheaterdirektors Peymann „der Kragen geplatzt” und er hat gesagt, was von diesem Mann zu halten ist und daß er nicht nur das Burgtheater, sondern auch Österreich verlassen sollte. Im Gegensatz zur linken Schickeria, deren Exponent und Handlanger Minister Schölten ist und im Gegensatz zu den übrigen sozialistischen Politikern, die sich aus Angst, für nicht genug progressiv gehalten zu werden, alle Anpöbelungen gefallen lassen, ist der gestandene Funktionär Hesoun Manns genug, um bei diesem Spiel nicht mitzuspielen.

Es bleibt zu hoffen, daß er Verbündete findet, damit dem Burgtheater und Österreich bald ein würdigerer Theatermacher zuteil wird, als der präpotente 68er Peymann.

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