Grüße aus Sarko-Land

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Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat sein Land fest im Griff. Die Schalthebel: Wichtige Freundschaften und die Kontrolle der Medien.

Nicolas Sarkozy hat viele Freunde. Nicht unbedingt in der Wählerschaft, die in einer aktuellen Umfrage von Le Figaro, der größten überregionalen französischen Tageszeitung, dem Präsidenten kein gutes Zeugnis ausstellen. Nur mehr 49 Prozent vertrauen ihm, ebenso viele lehnen ihn ab. Im Juni standen noch 60 Prozent hinter ihm.

Für Kritiker ist es verwunderlich, dass solche Umfrageergebnisse im Figaro veröffentlicht werden. Das Blatt wird vom Verlagshaus Socpresse herausgegeben, in dem Serge Dassault eine wichtige Rolle spielt. Dassault ist nicht nur Mitglied in Sarkozys Partei UMP, sondern sitzt auch im Senat. Bis 2006 war er zudem führender Gesellschafter des Nachrichtenmagazins L'Express. Arnaud Lagardère, der Verleger von Paris Match, ist ebenfalls ein Freund von Sarkozy. Nach einem Anruf des Präsidenten entließ er im vergangenen Sommer den Chefredakteur von Paris Match, nachdem zuvor auf der Titelseite des Magazins ein Bild von Sarkozys Frau mit einem anderen Mann erschien. Lagardère ist außerdem nicht nur Besitzer des meistgehörten französischen Radiosenders Europe 1, sondern auch an Zeitschriften wie Elle oder Zeitungen wie Le Monde und Le Journal du Dimanche beteiligt.

Sarkozy hat noch mehr Freunde: Martin Bouygues kontrolliert das private, ehemals öffentlich-rechtliche Fernsehen und den drittgrößten Mobilfunkanbieter Frankreichs. Bernard Arnault besitzt über die Luxusgruppe LVMH Marken wie Louis Vuitton oder Kenzo, aber auch die Wirtschaftsblätter La Tribune und Investir. Beide Herren waren einst die Trauzeugen von Nicolas Sarkozy. So was verbindet eben.

Journalisten haben Angst

"Sarkozys Politik beruht auf Einschüchterungen und Drohungen, er schafft ein Klima der Angst", weiß die französische Filmregisseurin Emmanuelle Cuau, deren Film "Très bien, merci" den neuen französischen "Kontrollstaat" mit omnipräsenter Polizei und etlichen Verhaftungswellen scharf kritisiert. "Es ist kein Wunder, dass sich die gesamte französische Presse hinter Sarkozy stellt, weil die Journalisten Angst um ihre Jobs haben. Sie haben aufgehört, ihre Arbeit zu tun", so Cuau zur Furche. Sogar linksorientierte Medien wie Libération würden dem Präsidenten zuarbeiten. Einzig kleine, satirische Wochenschriften wie etwa Le Canard enchaîné (dt. "Die angekettete Ente") fahren einen harten, Sarkozy-kritischen Kurs. Das Interesse an kritischer Meinung ist groß: Der Canard war beim Furche-Lokalaugenschein in Paris allerorts restlos ausverkauft.

Sarkozy nutzt die Medien indes geschickt zur Selbstdarstellung: Die Pressekonferenz zur Vorstellung seiner Radikalreformen - von der Abschaffung der 35-Stunden-Woche bis zur Einführung von Einwanderer-Quoten - brachte Sarkozy die Gelegenheit, ein Bekenntnis zu seiner neuen Liebesbeziehung mit Ex-Model Carla Bruni abzulegen. Die französischen Blätter hatten plötzlich nur mehr Interesse an Sarkozy und Bruni, die Reformen wurden beinahe nebenbei behandelt. Als die ersten Bilder von Sarkozy, Hand in Hand mit Carla Bruni, im Fernsehen liefen, soll er laut L'Express einen Freund angerufen haben, den er fragte: "Und, haben die Bilder gut ausgesehen?"

"Ein klassisches Manöver, mit dem Sarkozy von seiner Politik ablenken will", findet Emmanuelle Cuau. "Das schlimme ist: Sämtliche Medien machen mit." Tatsächlich: Es gibt an den Zeitungskiosken in Paris kaum Magazine oder Zeitungen, die diese Woche nicht das neue Polit- Traumpaar Sarkozy-Bruni am Titel haben und diese Liaison gutheißen. Längst geht es nicht mehr um Politik, sondern um die Liebe zweier Menschen, die es gewöhnt sind, im Blitzlicht zu stehen und auf beinahe jedem Foto lächelnd gen Himmel blicken, als ob sie die glorreiche Zukunft Frankreichs schon sehen könnten.

Neue "Mediensteuer"

Sarkozy hat damit aber noch nicht genug: Jetzt will er seine Medienmacht weiter ausbauen. Einer seiner Reformvorschläge sieht das komplette Werbeverbot im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vor. Das fehlende Geld (jährlich und 800 Millionen Euro) soll aus einer neuen Steuer auf die Werbeeinnahmen der Privatsender und auf Internet und Mobiltelefonie kommen. Ein Vorschlag soll schon im Sommer Realität werden, kündigte Frankreichs Kulturministerin Christine Albanel an. Das Vorhaben löst aber auch Konfusion aus: "Ist das ein Geschenk an die Privaten, zu denen auch Martin Bouygues gehört? Oder ist es der Beginn einer Privatisierung des kompletten Rundfunks?", fragt sich Libération, in Anspielung darauf, dass der Einnahmenentfall zur Privatisierung eines der Staatssender führen könnte. Die Journalistengewerkschaft CGT lehnt den Vorschlag ab, weil sie Sparmaßnahmen und Entlassungen bei den Sendern befürchtet. Patrick de Carolis, Präsident der öffentlichen Sendergruppe France Télévisions, begrüßte hingegen die Pläne. Das öffentliche Fernsehen erhalte so eine stärkere Identität. Sarkozys Kritiker sind sich aber einig. Emmanuelle Cuau: "Ein werbefreies Fernsehen bringt Sarkozy noch mehr Kontrolle, weil die Sender ohne Werbeeinnahmen vollständig von ihm abhängig sind."

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