Aus Paris nach Berlin schielen

Werbung
Werbung
Werbung

Im Duett von Frankreich und Deutschland zur Euro-Krise geht es zunehmend um die Wahlkampfunterstützung für Präsident Nicolas Sarkozy, so die "FAZ“.

Der Staatspräsident war eingeladen, der Wahlkämpfer ist nach Berlin gekommen: Nicolas Sarkozy hat das Treffen mit der Bundeskanzlerin am Montag im Bundeskanzleramt für Werbung in eigener Sache genutzt. Während der gemeinsamen Pressekonferenz mit Angela Merkel, die von den französischen Informationssendern direkt übertragen wurde, sprach er minutenlang über den Konkurs des französischen Fährunternehmens SeaFrance. 880 Personen droht der Verlust ihres Arbeitsplatzes - ein Thema, das die Franzosen aufgrund der schlechten Beschäftigungslage sehr bewegt.

Zu anderen Zeiten hätte der Präsident darauf verwiesen, dass er in Berlin nicht nationale Belange erörtern wolle. Doch fünf Monate vor Ende seines Mandats nimmt Sarkozy dankbar jeden Anlass wahr, sich seinen Landsleuten als gewiefter Krisenmanager zu präsentieren. Das "hervorragende Vertrauensverhältnis“ zur Bundeskanzlerin, das er gleich mehrmals hervorhob, gilt ihm dabei als Trumpfkarte für die Präsidentschaftskampagne. Den eigentlichen Wahlkampf wünscht sich Sarkozy so kurz wie möglich, weswegen er angekündigt hat, er wolle seine Kandidaturabsichten nicht vor Ende Februar offenlegen.

Schlechte Karten für Hollande

Bei den Franzosen soll sich aber jetzt schon einprägen, dass Sarkozy die nationalen Interessen in Europa durch ein geschicktes Zusammenspiel mit der Bundeskanzlerin am besten verteidigen kann. Der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande hat sich im Verhältnis zu Deutschland selbst in eine missliche Lage manövriert.

Durch seine andauernde Kritik an Sarkozys noch frischer Deutschland-Begeisterung hat sich in der öffentlichen Meinung der Eindruck verfestigt, Hollande sei auf einen Konfrontationskurs mit der Bundesregierung aus. Die offen germanophoben Äußerungen sozialistischer Parteigranden haben diese Wahrnehmung noch verstärkt. Sarkozy hat dem Sozialisten auch zuzusetzen versucht, indem er Hollande eine seiner liebsten Ideen, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, wegschnappte.

Merkels gute Miene

Bundeskanzlerin Merkel machte in Berlin gute Miene zu Sarkozys Spiel und lobte die "gute Initiative“, über die es allerdings in der Bundesregierung noch keine Einigkeit gebe. Sarkozy aber führte sich als Mann der Tat auf, der "im Notfall auch allein mit gutem Beispiel“ voranschreitet.

Auch wenn der Finanzplatz Paris empört aufschreit, hat der Präsident eines seiner Ziele schon erreicht: Er steht als Macher da, der den "üblen Spekulanten“ Grenzen setzt und allen Kritikern zum Trotz keinen deutsch-französischen Zwist hervorruft.

Es ist ganz im Sinne Sarkozys, dass die Kanzlerin der Eurozone fortan nicht nur Haushaltsdisziplin und Entschuldung verschreiben will, sondern "Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit“ zum "zweiten Pfeiler“ erklärte.

Der französische Präsident konnte es auch nicht lassen, gleich zweimal die veränderten Erwartungen an die Europäische Zentralbank mit Blick auf den Rettungsschirm EFSF zu erwähnen. Aber er war auch zu einem Eingeständnis über eigene Versäumnisse bereit. "Ja, wir haben uns spät darangemacht“, sagte Sarkozy mit Blick auf die französische Haushaltssanierung. Stolz fügte er aber hinzu, dass das französische Defizit 2011 vier Milliarden Euro niedriger als befürchtet ausfalle. "Nehmen wir das als unseren bescheidenden Beitrag zur Glaubwürdigkeit der Sparanstrengungen“, sagte Sarkozy.

Frankfurter Allgemeine, 10. Jänner 2012

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung