Vom Fürsten gerufen, zum Fürsten berufen

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Mit Siegel und Urkunde musste Helmut Zilk sich beglaubigen lassen, dass er nichts anderes mehr werden wolle, als was er schon ist. Weil er schon so vieles, so unverwechselbar war, traute ihm ein jeder zu, dass ihn auch noch der Sprung an die Staatspitze reizen würde. Seine Selbstbeschneidung glaubten ihm deswegen die wenigsten, auch wenn sie seit 1988 im Tresor eines Notars liegt. Er hätte halt gut hingepasst, in die Hofburg, in das repräsentativste Amt, das die Republik zu vergeben hat. Dass er ein aktiver, ein unbequemer, ein lauter Bundespräsident sein würde, hätte Zilk nirgends plakatieren müssen. Das wäre selbstverständlich gewesen, das kauft mit, wer Zilk kauft, das kann auch manchmal zu Stoßseufzern wie den einmal in einer furche-Glosse geäußerten führen: "Es zilkt aus allen Ecken und Enden!"

Zum "zilken" angefangen hat es am 9. Juni 1927 in Wien-Favoriten. Mit 20 begann er als Volks-, dann als Hauptschullehrer und absolvierte parallel dazu das Studium der Pädagogik, Germanistik, Psychologie und Philosophie. Nach der Promotion hatte Zilk bereits den ersten Fuß in die ORF-Tür gestellt. Erst freier Mitarbeiter für Jugendsendungen, baute er ab 1959 das Schulfernsehprogramm auf. Bald begann er als Ombudsmann: Seine "Stadtgespräche", später auch "In eigener Sache", waren Straßenfeger, für sein "Auslandsecho" erhielt er 1966 als erster Österreicher die "Goldene Kamera". Mit seinem Freund Gerd Bacher avancierte Zilk 1967 zum Programmdirektor, mit Bacher komplementierte man ihn 1974 auch wieder hinaus. 1978 scheiterte er dann an Bacher als SP-Kandidat für die ORF-Spitze. Trotzdem war 1978 ein gutes Jahr für ihn, bescherte es ihm doch seine dritte Ehefrau, den bekannten Operetten- und Musicalstar Dagmar Koller.

1979 folgte Zilks endgültige Übersiedlung in die Politik: Leopold Gratz machte ihn zum Wiener Kulturstadtrat. Fred Sinowatz holte ihn 1983 als seinen Nachfolger ins Unterrichtsministerium. Schon ein Jahr später kehrte Zilk ins Rathaus zurück und zwar an die Spitze und das für zehn Jahre.

Heute sagte Zilk gegenüber der APA: "In das Rathaus gehe ich nur mehr, wenn ich darum gebeten werde." Denn sein Philosophielehrer habe ihm einmal gesagt: "Gehe nie zu deinem Fürst', wenn Du nicht gerufen wirst." Deswegen mache er sich nur auf den Weg zur alten Wirkungsstätte, wenn er zu einer Ehrung geladen wird oder sein Nachfolger Michael Häupl mit ihm reden wolle: "Das tut er hin und wieder. Doch wir verlegen das Gespräch meistens ins Wirtshaus, da wir beide gerne bei einem Gespritzten sitzen." Da wird bei nächster Gelegenheit der Michael Häupl dem Helmut Zilk zum 75er gratulieren und der SP-Grande Zilk kann der SP-Hoffnung Häupl dabei erklären, wie man das glaubhaft macht, dass man nichts mehr werden wolle, als was man schon ist. WM

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