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Drei Wochen heile Opernwelt

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Während an unseren Theatern noch immer Stückzertrüm-merer ihr wenig beliebtes Spiel treiben, setzen die Bussen vom Moskauer „Bolschoi” ganz ungeniert auf Tradition und scheinen sich um Interpretations-Unarten westlicher Begisseure nicht zu kümmern. Das ist Balsam auf die Wunden des vom „Be-gietheater” verstörten Grazer Publikums und gewährt ihm und den vielen Gästen einen staunenden, wenn nicht gar wehmütigen Blick ins Opernmuseum. Drei ganze Wochen lang gastiert das Bolschoi-Theater im Grazer Opernhaus mit drei Werken nach Puschkin - in geschickter Adaption der Ausstattung für die viel engere Bühne und mit verkleinertem, jedoch prachtvoll musizierendem Orchester und mit dem Luxus einer drei -fachen Besetzung der Hauptrollen.

Mussorgskis „Boris Godunow” in der bei uns beinahe verpönten, geglätteten Fassung von Bimski-Korsa-kow - noch dazu mit der Todesszene am Schluß und einer radikalen Kürzung des Polen-Aktes, aber mit dem Einschub des Bildes vor der Wassilij-Kathedrale - beeindruckt durch die golden-rote Pracht der Kostüme, die Explosivkraft der Chöre, die Stimm-gewalt der Solisten als opulentes Spektakel der großen Gesten in der Inszenierung von Lew Baratow, die fast ein halbes Jahrhundert alt ist. Die erst acht Jahre alte Produktion von Bimski-Korsakows bezaubernder Märchenoper „Der goldene Hahn” wirkt dagegen beinahe jugendfrisch. Das als antiautoritär-revolutionäre Parodie der Zarenherrschaft konzipierte Werk wirkt in Georgi Ansi-mows mit exakter Choreographie einstudierter Inszenierung angenehm konsumierbar: ein grellbunter Flek-kerlteppich eines karikierten Folklore-Bilderbuches mit phantaSievoll lyrischen Einschüben bescheidener Erotik. Mark Ermler steht als souveräner Weltklasse-Dirigent am Pult und sorgt mit dem hervorragenden Maxim Michailow als Zar Dodon für musikalische Perfektion.

Keinerlei Patina angesetzt hat Tschaikowskis „Pique Dame” in Ba-ratows Inszenierung aus dem Ende der vierziger Jahre: ein großräumig illusionistisch angelegtes, komparsen-reiches Tableau nächtiger Bomantik mit üppig ausgesponnener Schäferszene, routiniert geleitet vom jungen Slowaken Peter Feranec, zur Zeit Chefdirigent des Bolschoi. Unter den vielen - meist guten - Sängern des Ensembles glänzen auch zwei Namen von Weltruf: Jewgeni Nesterenko (Boris) und Elena Obraszowa, die großartige Gräfin in „Pique Dame”.

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