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Ein neuer Palestrina

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Die zweite Premiere der „Palestrina“-Inszenierung der Wiener Staatsoper (über die erste wurde an dieser Stelle ausführlich berichtet) brachte eine Neubesetzung der Hauptpartien mit bewährten Kräften des Hauses. Anton Dermota, der nun, nach Fritz Wunderlich, den Palestrina singt, ist in dieser Rolle in ein neues Fach hinübergewechselt, das er mit der ihm eigenen musikalischen Kultur meistert. Sein Palestrina besitzt die sanfte Melancholie des Resignierenden, den Ernst und die Wärme des reifen schöpferischen Künstlers, der auch in der Wirrnis seelischer Konflikte nicht den Glauben und die herzliche Sympathie für die ihm Anvertrauten verliert. Vor allem gelingt es ihm trefflich, die Intensität des inneren Kampfes mit vornehmem Ausdruck und darstellerischer Eindringlichkeit glaubhaft zu machen und jene Entsprechung von Musik und Person herzustellen, die seinen Palestrina auf der Bühne als eine Figur aus einem Guß erscheinen läßt. Ebenso bewegend war die Wiederbegegnung mit Paul Schöffler als Kardinal Morone, der besonders durch seine Erscheinung (ein prächtiger Goethe-Kopf im Kardinalskollegium) und durch die Überzeugungskraft seiner Darstellung einen geradezu majestätischen Eindruck hinterläßt. Hans Hotters Kardinal Borromeo ist eine Gestalt von imponierender Noblesse, darstellerisch sehr sparsam angelegt, um so faszinierender aber in der Ausdruckskraft seiner gemessenen Gebärden und in der konzentrierten musikalischen Wiedergabe seiner Partie. Walter Kreppel gibt als Papst Pius IV. dem kurzen Auftritt im dritten Akt weihevolle Würde, vermehrt um den sonoren Glanz seines prächtigen Organs. Ein kleines Meisterstück gesanglicher Charakterisierung liefert Gerhard Stolze als Kardinallegat Novagerio, dem Oskar Czerwenka als Fürstbischof von Trient in der Maske eines wenig abgeklärten Eiferers massiven Widerpart leistet. Als schönste Stimme des Abends bleibt die von Gudula Janowitz als Ighino in Erinnerung. Eine imposante Aufführung, auch in zweiter Besetzung, von Robert Heger mit echter Einfühlung und beinahe jugendlichem Elan musikalisch geleitet, auf die die Staatsoper mit Recht stolz sein darf.

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