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Spießbürgerliches

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Der jüngere der beiden regieführenden Schamoni-Brüder, Ulrich, bleibt auch in seinem zweiten Opus, „Alle Jahre wieder“, seinem in „Es“ demonstrierten halbdokumentarischen Spielfilmstil treu. Wenngleich Schamonis zweiter Film („der Prüfstein der Qualität eines Regisseurs“) inhaltlich nicht von jener Brisanz ist, die „Es“ so interessant machte, beweist der Jungregisseur auch diesmal, daß er sein Handwerk versteht. Wie alle Vertreter des „Neuen Deutschen Films“, zu dessen Vertretern Schamoni zweifellos gehört, bezieht er seine Konfliktstoffe aus einer gezielten Kritik der heutigen Gesellschaft, spezifisch in Deutschland, ganz spezifisch in Westfalen. Schamoni ist selbst Westfale, kein Wunder, daß er am liebsten das aufs Korn nimmt, was er am besten kennt. — Sch-->moni erzählt von „erwachsenen Männern, denen es schwerfällt, erwachsen zu werden“ und zieht dabei gegen jene Spießbürgerlichkeit zu Felde, die sich heute vielerorts wieder breitzumachen droht. Von den Darstellern kann Ulla Jacobson als betrogene Ehefrau nicht nur die Sympathien auf ihrer Seite buchen, sie bietet auch einwandfrei die bessere, reifere schauspielerische Leistung, aber auch Sabine Sin Jen ist in ihrem Spiel gereifter und ausdrucksvoller geworden. Sehr gut auch Hans-Dieter Schwarze und Johannes Schaaf — beide selbst NDF-Regisseure — in weiteren Hauptrollen.

Ein in seiner Art beispielhafter, sympathischer, in jeder Beziehung gelungener Streifen, der den Nöten und Problemen der jungen wie der älteren Generation gleiches Verständnis entgegenbringt, ist der englische Film „Es war einmal eine Jungfrau“ — mit dem wesentlich weniger spekulativen Originaltitel „Family Way“. Dieser Film beweist wieder einmal, wie wichtig ein gutes Drehbuch ist, ja daß es die wesentlichste Voraussetzung für Erfolg oder Mißerfolg eines Streifens bildet. Obwohl diesmal die Transponierung von der Bühne auf die Leinwand besonders gut gelungen erscheint, sind für den Erfolg nach wie vor der ausgefeilte Dialog und die menschlich großartig durchgezeichneten Charaktere maßgebend. Beides Eigenschaften wie sie für ein Theaterstück unerläßlich sind, im Film leider nur

allzuoft fehlen. Hayley Mills wechselt mit diesem Film geschickt ins Erwachsenenfach über, John Mills zeichnet wieder eine seiner urwüchsigen Typen aus dem Volk und Mar-jorie Rhodes ergreift in der Rolle einer Ehefrau, die ihren nicht erfüllten Wünschen nachträumt.

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