„Daß Gott den Schrei seines Volkes hört“ — und erst recht die Menschen ihn hören —, das ist die Herausforderung der lateinamerikanischen Befreiungstheologie. Nicht als Angriff auf Glauben und Kirche, sondern als unüberhörbarer Ausdruck einer Unrechtssituation sollte sie verstanden werden. Renommierte Autoren wie Gustavo Gutierrez, Oswald von Nell-Breuning, Norbert Lohfink und andere legen in dem gleichnamigen Buch die entscheidenden Fakten dar und nehmen entschieden Stellung gegen den Hauptvorwurf einer unkritischen Übernahme der marxistischen Gesellschaftsanalyse.
Zu einem ähnlich positiven Ergebnis kommt Hans Kessler in seiner Studie über das Erlösungsverständnis der Befreiungstheologie („Reduzierte Erlösung?“). Der systematische Theologe weist nach, daß diese Theologie keine neuen Lehren vermitteln, sondern die überlieferte Botschaft in Armut und Unterdrückung zum Sprechen bringen will. Für die europäische Theologie müßte sie Anstoß sein, die unbiblische Reduktion auf innerlich-jenseitige Heilserwartungen zu überwinden.
Dieser Herausforderung der Konfrontation der Befreiungstheologie mit der europäischen Theologie stellen sich die Autoren des Bandes: „Wer ist unser Gott?“. Autoren wie Dorothee Solle, Catharina Halkes, Fulbert Steffenski, Helmut Gollwitzer und andere behandeln einerseits die theologischen und die biblischen Ansätze, andererseits kommen die Aspekte befreiender Praxis im Alltag der ersten Und in der Solidarität mit der Dritten Welt ausführlich zu Wort. Alle drei Werke vermögen einen redlichen Überblick über die Befreiungstheologie zu geben.
xDASS GOTT DEN SCHREI SEINES VOLKES HORT. Herausgegeben von Wolfgang Seibel. Verlag Herder, Freiburg 1987.142 Seiten, kart- öS 172,-.
REDUZIERTE ERLÖSUNG? Von Hans Kessler. Verlag Herder, Freiburg 1987.64 Seiten, kart.. öS 77,-.
WER IST UNSER GOTT? Herausgegeben von Luise und Willy Schottroff. Verlag Chr. Kaiser, München 1986. 272 Seiten, kart, öS 305,—.
