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Demaskierungen

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Mit den, Interna der „Kronen-Zei- tung“ sich zu befassen, ist nicht unsere Sache und Sorge, zumal viele andere Journale es in letzter Zeit getan haben. Am ausgiebigsten das Magazin „profil“ unter dem Titel „Scheidung in Österreich - Dichand gegen Falk“. Und zwar in einer Sprache, die man früher als „Rotwelsch“ bezeichnet hat, die für das Niveau und Klima, da und dort, beim Objekt und seinem Kommentator, sehr aufschlußreich ist, und für die man nicht allein den „Spiegel“ in der Hand verantwortlich machen kann.

So wird zum Beispiel von Chefredakteur Dichand behauptet, er hasse „den Küchengeruch, der seiner Zeitung immer noch anhaftet… Statt im Ruf einer journalistischen Schlampe, jedem ins legt…-stünde er lieber im An- senetieiner feinen Dame, die in den besten Salons verkehrt“. Vom anderen Boß, Kurt Falk, und dem Verhältnis zu seinen Mitarbeitern, heißt es: „Er verletzt sie nicht so sehr aus sachlicher Notwendigkeit als aus einer Art zwanghafter Lust, zu verletzen; ihnen vorzuführen, daß sie sich ihm zu unterwerfen hätten, so wie die Zuhälterkönige im Espresso von ihren Mitarbeitern verlangen, daß sie sich hinknien und um Verzeihung bitten.“ Dann wird die Abwerbung des Journalisten Nowotny geschildert, den Falk „für ein Handgeld von 2,3 Millionen aus der Chefredaktion des "profil’ schweißte, um der verhaßten Zeitschrift ,a paar Zähnd’ auszuschlagen.“ Denn: „Falks feste Überzeugung ist, daß jeder Mensch seinen Freis hat.“ Und weiter: „Seine Verachtung für Menschen, die sich durch ihn gewinnen lassen, ergänzt problemlos seine politischen Antipathien … Indem er diese Leute dazu gebracht hat, ihren politischen Glauben an ihn zu verkaufen, beweist er sich, daß dieser Glaube nichts Wert sein kann.

Hingegen wuchs ein Mann immer mehr mit ihm zusammen, „bis man ihn Falks verlängertes Kleinhirn nannte, weil nicht mehr zu klären war, wo der eine beginnt und der andere auf hört: Richard Nimmer- riehter, vulgo ,Staber?. Nimmerrich- ter, das war die fleischgewordene Unterwerfung. Wenn Falk aus seinem Büro ruft, kommt Staberi im Laufschritt. Wenn Staberi Falk auf dem Gang begegnet, drückt er den Rücken an die Wand und neigt den Kopf; wenn Falk böse Träume hat, fließen sie Richard Nimmerrichter aus der Feder.“ (Ende des Zitats.)

Im folgenden noch ein tiefenpsychologischer Exkurs, mehr an Adler als an Freud orientiert: „Den Generalintendanten (Bacher) verachtete Falk nicht, den haßte er — als einen, bei dem ihm die Unterwerfung mißlungen ist. Und er pflegte konsequent zu hassen: zeitweilig pflegte er in seinem Garten Photos seiner Gegner anzukleben und im Spaß darauf zu schießen!“ — Dichand, offenbar aus feinerem Holz geschnitzt, wollte Falk „einbremsen“, wie sich „profil“ ausdrückt. „Falk ließ ihn wissen, daß er außer Staberi und Viktor Reimann (den Autor der

Judenserie) keihe politische Redaktion für nötig halte: .Trost und so, des brauch’ ma alles ned! —“ Und nun die psychologische Situation, die schließlich zum Krach führte: Falk „immer in Vorwärtsstrategie. Immer den zitternden Dichand hinter sich auf dem Pferd“. Des letzteren „auf- gestaute Angst brach sich Bahn nach innen: Dichand verspürte körperlichen Widerwillen gegen Falk“.

Was die Folgen dieser üefenpsy- chologisch verständlichen Reaktion waren, kannte man in vielen Blättern während der vergangenen Woche lesen. Aber was immer auch da im Innern des einen oder andern vor sich ging oder geht — um das Schicksal der Zeitung und ihrer Redakteure braucht, derzeit, niemand zu bangen, denn man kann sich solche Emotionen auf die Dauer nicht leisten, so folgert „profil“ in seinem „Spiegel“-Rotwelsch: „So wie sich zwei Cowboys keinen Streit in einem Canon voll Indianern leisten können.“

Ein wahrhaft erhebender und tröstlicher Ausblick auf die heimische publizistische Szene.

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