7006698-1987_45_01.jpg
Digital In Arbeit

Kurs gegen Falk-Land

Werbung
Werbung
Werbung

Nach 17 Jahren räumt Peter Michael Lingens seinen Schreibtisch bei Österreichs größtem Nachrichtenmagazin, dem „Profil“. Der langjährige Herausgeber und Chefredakteur hat nach heftigen redaktions- und verlagsinternen Auseinandersetzungen Ende Oktober endgültig kapituliert.

Zwei Wochen zuvor noch wollte Lingens den lange schwelenden „Familienzwist“ im „Profil-Trend-Verlag“ durch die Kündigung seines Ko-Chefredakteurs

Helmut Voska zu seinen Gunsten entscheiden, fand aber letzten Endes dafür keine Rückendeckung bei den Eigentümern des Unternehmens, dem „Kurier-Konzern.

Zum neuen Herausgeber des „Profil“ wurde inzwischen der bisherige stellvertretende Chefredakteur Franz Ferdinand Wolf bestellt, Voska bleibt als Chefredakteur.

Daß die Turbulenzen im .Profil“ ausgerechnet mit der Endphase des zähen Ringens um die neuen Eigentumsverhältnisse bei der größten Tageszeitung im Land, der „Neuen Kronen-Zeitung“, zusammenfallen, ist Zufall, hat aber in der Medienszene für zusätzliche Aufregung gesorgt.

Tatsächlich steht die österreichische Medienlandschaft vor den größten Veränderungen seit Beginn der siebziger Jahre. Die marktbeherrschende Rolle der „Kronen-Zeitung“ zwingt auch die anderen Medienunternehmen, ihre Strategien zu überdenken.

Worum geht es beim „Milliarden-Geschäft“ rund um die „Kronen-Zeitung“?

Nach einem Vergleich zwischen den zerstrittenen Hälfte-Eigentümern des Massenblattes, Hans Di-chand und Kurt Falk, muß der derzeitige Herausgeber Dichand bis zum 30. November seinem bisherigen Kompagnon 2,2 Milliarden Schilling überweisen, will er Alleineigentümer der „Krone“ werden. Gelingt ihm das nicht, dann hat wiederum Falk sechs Monate lang Zeit, Dichands 50-Prozent-Anteil zu erwerben.

Seit einem halben Jahr sucht nun Dichand nach Partnern für die größte Finanztransaktion in der österreichischen Zeitungsgeschichte. Jetzt steht der Wiener Zeitungszar offenbar knapp vor der Vertragsunterzeichnung: der Hamburger Zeitschriftenverlag Heinz Bauer („Quick“, „Neue Revue“, „Bravo“, „Playboy“), eines der größten Medienunternehmen der Bundesrepublik und Europas größter Zeitschriften-Produzent, bezahlt Dichand für eine 49-Pro-zent-Beteiligung an der „Kronen-Zeitung“ ganze 1,6 Milliarden Schilling/Den Rest des Kaufpreises steuert Dichand selbst bei.

Kurt Falk wälzt inzwischen Pläne, wie er die Milliarden wieder auf dem Medienmarkt anlegen kann.

Uber die Zeitschrift „Wiener“, in der sein publizistischer Berater, der ehemalige „Profil“- und „Kurier“-Chefredakteur Gerd Leitgeb als Herausgeber fungiert, hat Falk unlängst seine Vorhaben konkretisiert:

Neben einem Ausbau des Wochenblattes „Die ganze Woche“, das Falk als Gründer und Alleineigentümer innerhalb von drei Jahren nach Leser-Reichweite zur Nummer 2 hinter der „Krone“ und damit zu einem Bombengeschäft gemanagt hat, will er mit einem neuen Sonntagsblatt seinem verkauften Kind „Kronen-Zeitung“ noch mehr Leser wegnehmen, als ihm das bisher mit der „Woche“ schon gelungen ist. Zusätzlich soll eine neue Fernsehzeitschrift die Österreicher jeden Freitag in Falks Medien-Land locken. Nach vier Jahren, wenn die Konkurrenz-Klausel gegenüber der „Kronen-Zeitung“ abgelaufen, will der heute 54jähri-ge Zeitungsmacher dann mit der Umstellung seines Sonntagsblattes zurück ins Tageszeitungsgeschäft.

Das viele Geld in der Tasche Kurt Falks und die Tatsache, daß er bei all seinen Unternehmungen auf dem Mediensektor bislang stets eine „goldene Hand“ bewiesen hat, läßt die Konkurrenz nicht ruhig schlafen — auch wenn am Ende nur der eine oder andere Falk-Plan tatsächlich realisiert wird.

Aber es stellen sich heute zumindest zwei Fragen:

Wird die ohnehin — weltweit gesehen — überdurchschnittliche Pressekonzentration in Österreich (zwei Drittel der Tagespresse-Auflage verteilen sich auf drei Zeitungen, davon wiederum fast 40 Prozent allein auf die,.Kronen-Zeitung“) durch Falks Aktivitäten noch zusätzlich beschleunigt? Wird Falks verstärktes Engagement auf dem Zeitungsmarkt nicht zuletzt auch zu einem neuen „Zeitungssterben“ führen, zum Schaden für die Pressevielfalt?

Die Antworten in der Medienszene fallen unterschiedlich aus. Während die einen meinen, etwas mehr und neue Konkurrenz könne der Presselandschaft Österreichs nur guttun, fordern andere ein wirksames Anti-Trust-Gesetz, das die Medienkonzentration in den Händen einiger weniger Personen oder Konzerne zumindest behindert.

Was aber derzeit am meisten auffällt und zugleich überrascht, das ist die noble Zurückhaltung der Politiker angesichts des bevorstehenden „Krone“- Verkaufs und der medienpolitischen Perspektiven, die sich daraus ergeben. Das war nicht immer so.

Aber vielleicht haben die Politiker längst Kurs auf Falk-Land genommen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung