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Digital In Arbeit

Kurs ändern, einstellen ...

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Journalisten diskutieren, kritisieren und monieren, der Re-gieru gschef, sonst ein Mann des raschen Urteils, schweigt und wartet ab, die Sozialpartner entscheiden.

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Journalisten diskutieren, kritisieren und monieren, der Re-gieru gschef, sonst ein Mann des raschen Urteils, schweigt und wartet ab, die Sozialpartner entscheiden.

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Auf dem Wiener Pressemarkt zeichnet sich — allen Protesten zum Trotz —, wenn nicht alles trügt, eine „große Lösung“ zwischen den beiden Auflage-Giganten „Kurier“ und „Kronen-Zeitung“ ab. Diese „große Lösung“ hat, wie allseits betont wird, allein einen wirtschaftlichen Hintergrund: Abstimmungen im Bereich der Werbung und des Vertriebs sollen jede Art von ruinöser Konkurrenz vermeiden helfen. Schließlich hat es an Auswüchsen, einschließlich eines Zeitungs-„Kriegs“ zwischen diesen beiden Blättern in den letzten Monaten und Jahren, nicht gefehlt. Dennoch ist es zu keinen größeren Verschiebungen der Marktanteile beider Tageszeitungen gekommen. Ob das auch daran liegt, daß die beiden Zeitungen einander immer ähnlicher wurden — und zwar sicherlich nicht immer zum Vorteil der „Kurien-Leser? Das wäre eine Preisfrage für Medienexperten und Kommunikationstheoretiker.

Aus betriebswirtschaftlichen Gründen mag es tatsächlich vernünftig sein, wenn die beiden Zeitungen den Markt teilen und wie Angebots-oligopolisten operieren. Die Frage ist nur, ob diese betriebswirtschaftliche Kostenersparnis in einem angemessenen Verhältnis zu gesamtgesellschaftlichen Verlusten steht, j

Kein noch so demokratisches Redaktionsstatut kann dieses Problem verdecken: Journalisten werden versuchen, alles zu machen, was dem in der Region (Wien) einzig bedeutsamen Arbeitgeber gefällt; geradeso wird aber dieser Arbeitgeber versuchen, seine Möglichkeiten auszunützen. Darin liegt nichts Schlechtes, weil doch niemandem zum Vorwurf gemacht werden kann, aus seiner Marktposition den größten Nutzen zu ziehen.

Den Schaden dabei haben alle: Die Zeitungsproduzenten erzeugen eine Ware, die immer weniger Leser interessiert, was neue Produzenten auf den Plan rufen wird, womit wieder Probleme der ruinösen Konkurrenz auftreten könnten; die Freiheit der Journalisten, ohnedies eine recht problematische Sache (im Guten wie im Schlechten), ist stark begrenzt; die Leser müssen sich auf jene Informationen und Kommentare beschränken, von denen die Journalisten annehmen müssen, daß den Zeitungszaren daran etwas liegt.

Das Konzept des Geschäftsmannes Kurt Falk („Kronen-Zeitung“) ist recht einfach. Da ihm seine geschäftlichen Erfolge das Vertrauen aller mit dem Pressewesen in Österreich irgendwie Befaßten eingetragen hat, stellt er sich allen mit der Bereitschaft, marode Zeitungen zu retten, zur Verfügung. „Die Presse“ dürfte tatsächlich bereits zu seinem Machtbereich gehören, die „Wochenpresse“ möglicherweise bald auch. Damit hätte die Wirtschaftsvertre'tung zwei wichtige Instrumente zur Beeinflussung der Leser aus der Hand gegeben. So lange Falk das tunlich erscheint, wird er diese beiden Zeitungen nicht weit abseits von den Interessen ihrer Verkäufer redigieren lassen. Stellen sich dabei Hindemisse, etwa eine Fortsetzung der Verluste, in den Weg, dann wird er diese Zeitungen entweder total kursändern oder sie einstellen beziehungsweise abstoßen. Die Erfahrung mit dem „Express“, sollte da nur ein Fingerzeig sein. Anderes ist von einer Falk-Führung der „Presse“ und „Wochenpresse“ nicht zu erwarten.

Wer meint, daß der Zusammenarbeitsvertrag zwischen „Kurier“ und „Kronen-Zeitung“ die Ouvertüre zur Bildung einer politischen großen Koalition ist, der sollte doch auch in Rechnung stellen, ob dann eine solche große Koalition von langem Bestand sein kann, wenn sie schon bei ihrem Entstehen der totalen publizistischen Absicherung jedenfalls in der Bundeshauptstadt bedarf. Auch wenn man die gute Absicht aller Beteiligten, eine teure und ineffiziente Regierung auf kaltem Weg abzustoßen, in Rechnung stellt, so ist doch sehr zu bezweifeln, daß ihre Methode die richtige äst.

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