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Zeitungen im Aufwind ?

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FURCHE: Laut einer kürzlich vom Wiener Publizistik-Institut gemachten Umfrage zum Thema ,£eitunglesen in Österreich“ lesen unterdurchschnittlich wenige junge Menschen Zeitungen. Auch schulisch höher Gebildete lesen Tageszeitungen nicht im erwartbaren Ausmaß. Weiters haben sich das familiäre und das öffentliche Leseklima bei dieser Untersuchung als wichtige Faktoren für das Entstehen einer sogenannten „hohen Lesekompetenz“ herausgestellt. Wie werden die Zeitungsverleger auf diese Ergebnisse reagieren?

HERBERT BINDER: Das Leseverhalten der intellektuellen heranwachsenden Generation Österreichs entspricht — auch bei Vorbehalten gegenüber Umfrageergebnissen - sicher nicht ganz dem Standard des westlichen, vor allem des benachbarten deutschsprachigen Auslandes. Das hängt sicher auch mit der historischen Entwicklung der österreichischen Zeitungslandschaft zusammen.

FURCHE: Was könnte der Verband der Zeitungsherausgeber, der ja nicht nur Interessengemeinschaft, sondern auch Standesvertretung ist, zur qualitativen Verbesserung der österreichischen Zeitungen tun?

BINDER: Der Zeitungsherausgeberverband wird sich mit den herausgeberischen Funktionen seiner Mitglieder noch aufmerksamer beschäftigen müssen, wir möchten ihnen im Verband wieder erhöhte Bedeutung beimessen. Dazu gehört auch die weitere Verbesserung der journalistischen Qualität unserer Zeitungen.

FURCHE: Der Herausgeber trägt aber doch vor allem die Verantwortung für die finanzielle Basis der Zeitung?

BINDER: Ja, das schon auch. Aber die ist nicht losgelöst von der Qualität der in ihr tätigen Journalisten zu sehen. Ich halte die Ausbildung der jungen Journalisten und deren Weiterbildung sowie das geistige journalistische Klima insgesamt für ausschlaggebend für die Qualität. Qualität bedingt aber auch Quantität: Bei der an der „Kronen-Zeitung“ neuerdings beteiligten WAZ-Gruppe mit insgesamt 5.000 Beschäftigten arbeiten immerhin 1.000 Journalisten. Legen Sie diesen Schlüssel einmal auf die österreichischen Druck- und Verlagshäuser um! Die WAZ-Gruppe unterhält auch eine eigene Journalistenschule.

FURCHE: Soll man die österreichischen Ausbildungseinrichtungen für Journalisten erweitern, oder werden neue Ausbildungsformen überlegt?

BINDER: Ich glaube, unsere Ausbildungseinrichtungen reichen aus, nur müßten sie finanziell wesentlich besser ausgestattet werden. Das gut sowohl für das „Kuratorium für Journalistenausbildung“, das von den Sozialpartnern getragen wird, wie auch für jene Einrichtungen, die der Kirche oder den Parteien nahestehen. An der Nutzung dieser Fortbildungseinrichtungen, an Praxisaufenthalten im Ausland, an kompetenten Korrespondenten, etwa auch an mehr qualifizierten Wirtschaftsjournalisten, müßte auch die österreichische Gesellschaft selbst ein Interesse haben.

FURCHE: Uberlegen die Zeitungen aus finanziellen Gründen auch Kooperationen mit dem

Ausland, oder gibt es die Angst vor einer Überfremdung?

BINDER: Gegenüber bundesdeutschen Beteiligungen existiert ein teilweise verständliches historisches Trauma. Aber in Zeiten der größer werdenden Märkte und der Internationalisierung der Wirtschaft überhaupt kann sich auch die Medienbranche von diesen Entwicklungen nicht abkoppeln. Die jahrelange Beteiligung des Süddeutschen Verlages am „Kurier“ hat dessen inhaltliche Aussagen nicht beeinflußt. Ich hoffe, daß es auch mehr österreichische Investitionen und Beteiligungen im Ausland geben wird.

Finanziert werden ja Printmedien einerseits durch den Verkaufspreis, der macht bei österreichischen Zeitungen etwa ein Drittel des Erlöses aus. Der andere Finanzierungsanteil kommt aus den Werbeeinnahmen. Gerade hier haben die österreichischen Zeitungen im internationalen Vergleich noch sehr aufzuholen, wenn die von uns allen gewünschte Qualität finanzierbar sein soll.

FURCHE: Was bedeutet das konkret?

BINDER: Der Anteil der Zeitungswerbung am Gesamtwerbe-volumen ist in Österreich den Werten in unseren Nachbarländern weit unterlegen. Das ist unser Hauptproblem, hier müssen wir aufholen.

FURCHE: Der geringe Stellenwert des Zeitunglesens für den Österreicher hängt wohl auch mit der politischen Kultur des Landes zusammen, Veränderungen scheinen da langwierig und schwierig.

BINDER: Sicher sind Stil und Umfang der Redaktion und Rezeption von Massenmedien ein Ausdruck der Kultur des politischen Lebens. Aber ich gehe davon aus, daß denkende Politiker in allen demokratischen Parteien großes Interesse daran haben, daß sich unsere Zeitungen qualitativ und quantitativ weiterentwickeln.

Wenn sich der politische Stil verändert, dann verändert sich auch der Stil der Zeitungen. Der in der Politik weltweit feststellbare Trend zur Regionalisierung kommt diesen Bestrebungen sicher entgegen.

FURCHE:Ist denn die Regionalisierung für die Zukunft der Zeitungen von solcher Bedeutung?

BINDER: Die Stärke des Zeitungswesens unserer Nachbarländer ist dessen regionale Verankerung. In der wesentlich kleineren Schweiz gibt es über 100 Tageszeitungen, bei uns 17, in der Bundesrepublik Hunderte - gar nicht zu reden von der Zeitungsdichte in den skandinavischen oder angelsächsischen Ländern.

FURCHE: Wird es eine sogenannte „liberale“ Zeitung geben? Und was weiß man Neues über das „Falk-Projekt“?

BINDER: Die vieldiskutierte Initiative des Oscar Bronner, eine liberale Tageszeitung nach englischem Muster zu gründen, ist vorerst zurückgestellt worden. Vermutungen, Kurt Falk werde sich bemühen, eine billige Sonntagszeitung auf den Markt zu bringen, bestehen weiterhin. Ich würde allerdings nicht überrascht sein, wenn Herr Falk etwas ganz anderes starten würde, als ihm derzeit alle zutrauen.

Mit dem kürzlich gewählten Präsidenten des Verbandes der österreichischen Zeitungsherausgeber und -Verleger und Direktor des NO Pressehauses sprach Leonore Rambosek.

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