Medienförderung - © Foto: iStock/YinYang

Höchste Zeit für eine neue Presseförderung

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Seit Jahren fließen Millionen an Steuergeldern an drei Boulevardmedien. Dies belegt eine umfassende Studie vom Medienhaus Wien, die Inserate des Bundes untersucht hat.

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Seit Jahren fließen Millionen an Steuergeldern an drei Boulevardmedien. Dies belegt eine umfassende Studie vom Medienhaus Wien, die Inserate des Bundes untersucht hat.

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Blutlachen am Tatort, die Erschießung eines Mannes, der Terrorist beim Zielen auf Passanten. Mit solchen Live-Bildern, in Dauerschleife wiederholt, machten oe24.tv (TV- und Onlineauftritt der Zeitung Österreich) und krone.at (Kronen Zeitung) in der Wiener Terrornacht Quote. Selten war der Aufschrei in der Branche so groß und so einstimmig – nicht zuletzt, weil diese Art der Berichterstattung der terroristischen Absicht, Angst und Schrecken zu verbreiten, in die Hände spielt. „Diese Form des Journalismus ist unverantwortlich und degoutant und gibt den Tätern auch noch eine Bühne“, schrieb der Verein „Medienjournalismus in Österreich“. Mehr als 1500 Anzeigen, ein „absoluter Negativrekord“, gingen aufgrund der TV-Berichte beim Presserat ein, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien.

Große Werbekunden zogen daraufhin ihre Inserate in den beiden Medienhäusern zurück, zumindest vorläufig. oe24.tv entschuldigte sich immerhin halbherzig, dennoch brach eine Diskussion aus: Sollen solche Medien, die auch sonst immer wieder moralische und journalistische Grenzen überschreiten, wirklich mit Steuergeldern in Millionenhöhe subventioniert werden? Sie werden es jedenfalls. Dies belegt eine neue Studie des Medienhauses Wien mit dem Titel „Scheinbar transparent“, die Regierungsinserate und „Medienkooperationen“ im Zeitraum 2018/2019 untersucht hat. In diesen Jahren, großteils unter türkis-blauer Regierung, bezahlten Kanzleramt und Ministerien insgesamt 31 Millionen Euro an 14 Tageszeitungen. Zwei Drittel davon gingen an Kronen Zeitung (8,2 Millionen), Österreich (6,4 Millionen) und Heute (6,2 Millionen). Mit großem Abstand folgen die Kleine Zeitung (2,2 Millionen) sowie die anderen Qualitäts- und Regionalzeitungen.

Steuergeldverteilung nach Gutsherrenart

Dieses Missverhältnis ist nicht neu und beschränkt sich nicht auf den Bund, auch die Stadt Wien war und ist berüchtigt für ihre Inseratenpolitik im Boulevard. Anlässlich der jüngsten Studie sprechen Experten von „Medienförderung mit der Gießkanne“ und einer „Verteilung von Steuergeldern nach Gutsherrenart“. Und tatsächlich gibt es keine nachvollziehbaren Kriterien, nach denen die verschiedenen Ministerien in bestimmten Medien schalten, in anderen nicht. Zwar mag es in vielen Fällen legitime Kommunikationsziele geben, so wie die heurige „Schau auf dich“-Corona-Infokampagne.

Oft aber scheint es, dass die Regierung gar nicht zuvorderst informieren, sondern (vermeintlich) wohlgesonnene Medien belohnen will. Diesen Eindruck teilt auch Studienautor Andy Kaltenbrunner, der darin eine „bedeutsame staatliche Beeinflussung des Wettbewerbes“ sieht. Seit 1975 wird in Österreich auch offiziell eine Presseförderung ausgeschüttet. In Summe betragen Vertriebsförderung, Qualitätsförderung und „besondere Förderung“ für Printmedien rund neun Millionen Euro. Doch auch bei dieser „direkten” Presseförderung, die sich vor allem nach der Druckauflage bemisst, profitieren Kronen Zeitung sowie die Gratisblätter Heute und Österreich besonders. Dies trifft auch für die im Juni vergebene Corona-Sonderförderung von knapp zehn Millionen Euro zu, von denen zwei Drittel an diese drei Medien flossen. Wochenzeitungen gingen übrigens mit Ausnahme einer erhöhten Vertriebsförderung bei der Corona-Sonderförderung leer aus.

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