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„Besondere" Millionen

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Wennder Nationalrat am28.Juni im Wust von 22 Tagesordnungspunkten auch das Budgetüberschreitungsgesetz 1990 behandelt, werden die „AZ", die „Kärntner Tageszeitung", die „N eue VorarlbergerTageszeitung", die Grazer „Neue Zeit", das Linzer „Neue Volksblatt", „Die Presse", die „Salzburger Volkszeitung", „Der Standard "'und sogar die kommunistische „Volksstimme" in vornehmer Zurückhaltung den Budgetansatz 1/10466 aus ihrer kritischen Berichterstattung und Kommentierung ausklammern.

Aus gutem .Grund, .Den:Q. über diesem Teil des Blätterwaldes geht ein Millionen-Geld!egennieder: Die „ besond????re"· Presseförderung für · „ Tageszeitungen mit besonderer Bedeutung für die politische Meinungs- und Willensbildung, denen jedoch· keine marktbeherrschende Stellung zukommt" wird mit einem Schlag von 36 auf 200 Millionen Schilling, also um 164 Millionen Schilling erhöht.

Begründung für diese 455prozentige Aufstockung: „notwendige Strukturanpassungsmaßnahmen im Rahmen einer intensiven Wettbew ????rbssi tua tion".

Das sind zusätzliche Zusatzmillionen: Denn selbstver1>tändlich werden diese neun Zeitungen auch aus der allgemeinen Presseförderung, bei der sich sämtliche Tagesund Wochenzeitungen, aber auch Institute der Journalistenausbildung und Journalistenklubs heuer insgesamt 63 Millionen Schilling teilen müssen, auch beteilt. Aber im Gegensatz zur nunmehrigen Splendidität für einige hat der Gesetzgeber bei der allgemeinen. Förderung den Budgetsparstift eingesetzt und diesen Budgetansatz 1990 um zehn Prozent gekürzt.

Den größten Happen - nämlich gut die Hälfte - der „besonderen" Millionen streifen ehedem sozialistische Tageszeitungen' ein. Hans (Schmid) im Glück. Schmid, seit April „AZ"-Alleineigentümer, darf sich - unter Beibehaltung des bisherigen Aufteilungsschlüssels - gleich über rund 45 statt acht Millionen besondere Förderung freuen. Die „Neue Zeit" sieht sich mit· 36 statt 6,5 Millionen beschert und die Bilanz der „Kärntner Tageszeitung" wird mit 20, 6 statt 3,7 Millionen Schilling aus dem Förderungstopf verschönt. Daß die „ Volksstimme" ihre „besondere Bedeutung" statt zwei mit 11, 4 Millionen honoriert bekommt, sichert vorderhand noch weiter ihre Existenz „unter den Rahmenbedingungen des Kapitalismus" (Erwin Scharf).

Auch „Die Presse", deren Her.,. ausgeber Gerd Bacher zum Absprung in den ORF angesetzt hat, darf sich nicht bekla8en: 32,2 statt

5,8 Millionen Schilling aus dem besonderen Föderungstopf weiten nicht unbeträchtlich den geschäftlichen Horizont. Und daß sich der deutsche Medienmulti Springer als „Standard" -Hälfte-Eigentümer gegen die rosigen Aussichten wehrt, wenn man ihm aus dem Steuertopf 17,1 statt drei Millionen Schilling zusätzlich beschert, ist wohl nicht zu erwarten.

Dieser Geldregen, halten die Erläuterungen zum Budgetüberschreitungsgesetz fest, ist einmalig und außerordentlich. Einmalig in - jedem Fall. Den der eigentliche Grund steht in keiner Begründung.

Der heißt Kurt Falk. Falk, der mit seinem Billigzeitungsprojekt die Branche schreckt und in WienFloridsdorf dafür wie für seine · ;,Ganze .Woche". eine.„ H.ochlei???? stungsdruckerei baut, bekommt von der Gemeinde Wien-1988 beschlossen- 66, ?'Millionen Schilling investitionszuschuß und 133,3 Millio- · nen Schilling aus der Arbeitsmarktförderung des Bundes. Unterm Strich: 200 Millionen.

Damit wurde eine Lawine der Forderμng nach Förderung losgetreten. Von Han???? Dichand eingefädelt, suchte das „KroKu W AZ" - Unternehmen „Mediaprint" - auf Gleichbehandlung pochend - um ebenfalls 200 Millionen Schilling aus Wiener Investitiohsmitteln und Bundes-Arbeitsmarktförderung an, womit das frühere „Kurier-Druckzentrum" in Wien weiter ausgebaut und aufgerüstet werden soll. Die führenden Bundesländerzeitungen, krasse Benachteiligung witternd, mahnten daher ihrerseits bei der Regierung gleiche Startbedingungen für alle ein.

Von der ursprünglichen Idee der Presseförderung ist das weit entfernt. Das System wurde durch die Wiener „Druckereiförderung" seit 1980 pervertiert. Diese wurde, um die Abwanderung der Unternehmen nach Niederösterreich und damit den Abfluß von Anzeigenabgabe, Lohnsummen- und U-Bahnsteuer zu verhindern, kreiert.

Mit dem ehemaligen „KurierDruckzentrum" und dem vormals sozialistischen „vorwärts" ist die. „Mediaprint" , worüber sich auch diean „Kurier" und „Krone" beteiligten Herren der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" die Hände reiben dürfen, heute bereits zwei-· fache Nutznießerin. Der KPÖ" Globus" hat schon abgesahnt. Der „Herold", der „Die Presse" druckt, eben jetzt von der Erzdiözese Wien an die „Eco Trust Holding" des Taus-Leeb-Konzern verkauft, 'ist auch nicht leer ausgegangen; und er wird, bei dem ????on Josef Taus angekündigten Standortwechsel, unter diesem Titel wahrscheinlich nochmals vorstellig werden.

Das Millionen-Karussell dreht sich. Dabei ist sogar jenen, die sich . „Medien-Politiker" nennen, Hören und Sehen vergangen. Reden erst recht. Wahlen stehen vor der Tür.

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