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Druck der Drucker

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Offiziell sind es hehre Motive, die das Wiener Rathaus veranlaßt haben, jene „Aktion zur Förderung der Tageszei­tungen“ auf die Beine zu stellen, die in Wien ansässigen Großdruckereien bzw. Zeitungsverlagen, die Tageszeitungen drucken oder verlegen, einmalige Inve­stitionszuschüsse von bis zu 90 Millionen Schilling bei einem Investitionsvolu­men von 700 Millionen Schilling ge­währt.

Wiens SPÖ-Finanz- und Wirt­schaftsstadtrat Hans Mayr begründet diese Initiative damit, Jenen Printme­dien, die die größte Konkurrenz der elektronischen Medien haben, bei der EinFührung der neuen Technologien zu helfen“. Noch besteht diese Konkur­renzsituation freilich nicht.

Daher geheimnissen Mayr-Mitarbei­ter noch mehr hinein: Es sei uin die Si­cherung der Meinungsvielfalt gegan­gen. Andere sehen die Wien-Aktion weit weniger idealistisch: „Das hat“, so ein prominenter SPÖ-Medienpolitiker zur FURCHE, „mit Zeitungsförde­rung nur am Rande zu tun.**

Die vom Wiener Gemeinderat am 14. November 1980 beschlossene Sub­ventionierung von baulichen und ma­schinellen Druckereiinvestitionen zur Umstellung auf neue Druck- und Satz­technologien (Lichtsatz) kennt vorder­hand nur drei bedürftige Nutznießer: den „Kurier**-Verlag, die „Kronen- Zeitung“ mit dem Pressehaus (Hans Dichand und Kurt Falk) und den sozia­listischen Vorwärts-Verlag mit dem Zentralorgan „Arbeiter-Zeitung“.

Alle anderen Tages- und Wochenzei­tungen, die eigentlich erst die Mei­nungsvielfalt ausmachen, fallen durch den Rost: darunter auch „Die Presse“ (FURCHE 3/1981), der aus der Um­stellung auf neue Druck- und Satztech­nologien im Pressehaus existenzbedro­hende Kostenerhöhungen erwachsen könnten.

Für diesen Etikettenschwindel unter dem anspruchsvollen Titel „Zeitungs­förderung“ waren andere Gründe aus­schlaggebend: die Drohung der Groß­drucker, bei der Betriebsmodernisie­rung gleich mit Neubauten ins benach­

barte Niederösterreich abzuwandern, das nicht nur Betriebsansiedlungen großzügig fördert, sondern auch bei der Anzeigenabgabe weniger rigoros kas­siert.

Für Finanzstadtrat Mayr ist die An­zeigenabgabe eine sehr einnahmeträch­tige Steuer: 1979 wurden Einnahmen in der Höhe von 210 Millionen Schilling budgetiert, über 244 Millionen sprudel­ten schließlich in die Stadtkassa. 1981 könnten es 300 Millionen Schilling wer­den - etwa Fünf Prozent der Gesamtein­nahmen.

Rund 20 bis 25 Millionen Schilling liefern die Medienbetriebe zudem an Lohnsummen- und U-Bahnsteuer an die Bundeshauptstadt ab.

Vor die Wahl gestellt, einen Großteil dieser Einnahmen Für immer an Nie­derösterreich zu verlieren oder einmal aus Steuergeldern Für Investitionen zu­zuschießen, fiel Mayr die Entscheidung leicht: er gab dem Druck der Drucker nach.

Diese sind damit zufrieden und sto­ßen sich nicht an der Ungerechtigkeit des Systems. Wer hat, der schweigt.

Obwohl Zeitungsherausgeber ebenso wie Journalistengewerkschaft auch Förderungsmöglichkeiten für andere Zeitungen urgierten, und obwohl der Gemeinderat am 14. November 1980 einstimmig einen ÖVP-Antrag guthieß, nach dem über eine Wiener Presseför­derung verhandelt werden soll, die allen in Wien erscheinenden Tages- und Wo­chenzeitungen zugute kommt, ist Mayr nur zu einem einzigen Zugeständnis be­reit: über die Einbeziehung des kom­munistischen „Globus“-Verlages mit der „Volksstimme“ wird verhandelt.

„Sonst“, blockt der Wiener Finanz­stadtrat alle Wünsche ab, „sehe ich keine Chance.“ An Stelle einer Presse­förderung werde man wie bisher „An­zeigen des Rathauses vergeben“, kurz gesagt: Gefälligkeitsinserate.

Im Rathaus munkelt man aber auch über weniger hehre Gründe, warum man an keine echte Presseförderung denkt: das sei die Rache Für die oftmals kritische Wien-Berichterstattung.

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