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Schnell, schlank und wendig
Die Zeiten, da man in Osterreich zwar beim Händler um die Ecke eine Pumpgun erwerben, Privat-Radioprogramme aber nicht veranstalten konnte, sind vorbei.
Die Zeiten, da man in Osterreich zwar beim Händler um die Ecke eine Pumpgun erwerben, Privat-Radioprogramme aber nicht veranstalten konnte, sind vorbei.
Der Erwerb der Pumpgun ist zwar seit 1. Jänner 1995 schwieriger geworden, aber immer noch ein Kinderspiel im Vergleich zum Erwerb einer Radiolizenz. Doch immerhin: Am 18. Jänner vergibt die Regionalradiobehörde zehn Sendelizenzen an die neuen Radio-Macher, je Bundesland eine, für Wien zwei. Als gemeinsamer Sendestart-Termin ist der 1. September 1995 vorgesehen, und dabei wird es nun wohl auch bleiben.
Wer sind nun diese zehn neuen Hörfunk-Unternehmen? Es handelt sich in allen Fällen um Kapitalgesellschaften (GmbH's) mit mehreren - bis zu zwölf - Gesellschaftern. Der „bunteste Vogel”, was die Gesellschafterstruktur betrifft, ist wohl die erst kurz vor Weihnachten geglückte Klonung aus „Kanal 4” und „Privatradio GmbH” für die zweite Wiener Lizenz. Hier sind rot, schwarz und grün die dominierenden Farben in der zukünftigen Programmküche - und das scheint den neuen Wiener Rathausmännern ganz gut zu gefallen. Die wichtigeren Gesellschafter sind neben der Bertelsmann-Tochter Ufa (25,1 Prozent), die PSK (18 Prozent), die Wiener Städtische (7,1 Prozent), die Verlage von Industrie und Wirtschaft (14 Prozent) sowie Mannstein, die Ottakringer Brauerei und der „Falter”.
Als „bunte Angelegenheit” kann man auch den Salzburger Anwärter „Radio Melody” einstufen: Hier hat Viktor Lindner das Sagen, sozusagen Rundfunkpionier der ersten Stunde, einer, der in Straßburg erfolgreich vor den europäischen Gericntsin-stanzen gegen das heimische Rundfunkmonopol Sturm gelaufen ist. Zusätzlichen Rückenwind brachte ihm das salzburgische Kleinklima mit einer positiven Stellungnahme durch die Landesregierung, die damit gleichzeitig gegen die „Zeitungsgruppe” um die Salzburger Nachrichten votierte.
Die anderen acht Lizenzen werden am 18. Jänner wohl an die Fixstarter und Profis gehen: an Gesellschaften, an denen die im jeweiligen Lizenzgebiet bedeutenden Verlags-häuser (und Banken) führend beteiligt sind. Führend beteiligt heißt, daß das Regionalradiogesetz die jeweiligen Höchstmarken für Medienunternehmen festgelegt hat: Maximal 26 Prozent bei einem Regionalradio, maximal je zehn Prozent in zwei weiteren Lizenzgebieten. Die „Banner-Träger” in den jeweiligen Bundesländern sind somit: Die Krone-Media (Kronenzeitung) mit 26 Prozent bei „Radio Eins' in Wien, „Tele-Kurier” und „Niederöster-reichische Nachrichten” mit je 26 Prozent in Niederösterreich; Verlagshaus Styria, Oberösterreichische Nachrichten, Tiroler Tageszeitung und Vorarlberger Nachrichten mit je 26 Prozent in den Ländern Steiermark, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg. Die größten Einzelgesellschafter in Kärnten sind die „rote” Kärntner Tageszeitung (22 Prozent) und die katholische „Carinthia” (16 Prozent). Im Burgenland sind Kabel-TV-Gesellschaften und die BEWAG, die regionalen Wochenzeitungen sowie die regionalen Banken am „Drücker”.
Leader: Krone und Styria
Recht interessant ist, daß nur zwei bedeutende Verlagshäuser, nämlich die „Krone” und die „Styria”, die im Angesicht des Regionalradiogesetzes höchstzulässigen Beteiligungen plazieren konnten: Die Krone ist neben Wien (26 Prozent) auch mit je zehn Prozent in der Steiermark und im Burgenland beteiligt. Die Styria hat außer ihren 26 Prozent in der „grünen Mark” auch je zehn Prozent bei Radio Eins in Wien und beim Kärntner Regionalradio.
Je zwei Beteiligungen an Regionalradiobetrieben halten folgende Verlage: Fellner Media AG. („News”) mit je zehn Prozent bei „Radio Eins” und in der Steiermark, Oscar Bronner („Standard”) mit je zehn Prozent bei Radio Eins und im Burgenland, der Metro-Verlag mit acht Prozent bei Radio Eins und zehn Prozent im Burgenland, weiters der „Kurier”, der neben seinen 26 Prozent in Niederösterreich auch zehn Prozent in Oberösterreich hält. Schließlich bestehen zwischen Tirol und Vorarlberg erwartungsgemäß sehr enge Verflechtungen: Die „Tiroler Tageszeitung” und die „Vorarlberger Nachrichten” verfügen in ihrem „Stammland” über jeweils 26 Prozent und im Nachbarland über zehn Prozent, in beiden Ländern halten die „Salzburger Nachrichten”, die „Telefon- und Buchverlags GmbH.” (Oschmann-Gruppe, Bayern) sowie die „Bank für Tirol und Vorarlberg” weitere Beteiligungen.
Die „Fundamentalisten” der neuen Badio-Szene, das sind jene grünalternativen Universitäts-Jünger, die vom „nichtkommerziellen Radio” träumen, und deren Ideen häu^g auch einige angeblich der ÖVP zuzuzählende „Gescheiterln” infizieren, orten nun böse neue Monopole.
Dem ist entgegenzuhalten:
■ Die Sozialdemokraten haben in ihrem Parteiprogramm noch unter Kreisky erkannt, daß das Kapitaleigentum nur die eine Sache, die Verfügungsgewalt darüber manchmal die viel wichtigere ist: Also, wer sind die Geschäftsführer, die Programm-Chefs, die entscheidenden handelnden Personen?
■ Derzeit gibt es einen Rundfunkveranstalter, das ist der ORF; ab 1. September 1995 gibt es zehn zusätzliche (unterschiedliche!) Rundfunk-Veranstalter, die alle eigenständige Programme machen werden. Außer-dem wird es bereits 1996 die ersten Lokalradios geben, sehr bald werden zwei oder drei Dutzend zusätzlich auf Sendung sein. Also, Monopol, wo bist Du denn??
■ Die geschilderte Struktur durch die Vielzahl unterschiedlicher EinT zelgesellschafter stellt auch sicher', daß es zu keiner Dominanz oder gar Alleinherrschaft einzelner Verlage kommen wird.
■ Darüber hinaus: Die neuen Privatradios werden selbständige wirtschaftliche und publizistische Einheiten darstellen. Die Synergieeffekte mit anderen Redaktionen werden sich in engen Grenzen halten.
Viel wichtiger ist aber die Frage: Was werden diese neuen Radios bringen, welcher Nutzen ist für die Hörer und für die Werbetreibenden damit verbunden?
Mehr Wahlmöglichkeiten
Die Hörer werden endlich über mehr Wahlmöglichkeiten verfügen; nicht zuletzt zum Nutzen des ORF, der aus dem Wettbewerb durch Qualitätsverbesserungen profitieren wird, und dem man nicht mehr alle Versäumnisse und unerfüllbaren Wünsche unter dem Motto des selbstherrlichen Monopolisten in die Schuhe schieben kann. Platz am Markt ist genug: nicht unbeträchtliche Hörerschichten werden von den Programmen des ORF vernachlässigt, vor allem wird viel zu wenig zielgruppenorientiert gearbeitet. Die selbstdarstellerischen Wortspenden zahlreicher Moderatoren hat man beim ORF inzwischen auch schon als Belästigung des Publikums und nicht als reichweitensteigernde Maßnahme erkannt.
Programmlich vArd bei den Regionalradios folgendes gefragt sein: Musik von den berühmten „Golden Oldies” bis zu den modernen Hits, die insgesamt nicht als „organisierter Lärm”, sondern als angenehmer Tagesbegleiter zu definieren ist; kurze, aber prägnante und professionelle Informationen aus dem Bundesland, aus Österreich, aus der ganzen Welt; und: viel Service wie zum Beispiel Wetter- und Verkehrsberichte, Elemente, aus denen die Hörer unmittelbaren Nutzen ziehen können.
Auch die Werbewirtschaft wird ihren Nutzen aus der neuen Radio-landschaft ziehen können. Es wird nicht mehr nur einen Partner für Radiowerbung geben, der häufig ausgebucht ist und bei dem man nicht bekommt, was man will. Zu glauben, daß das Auftreten der Privatradios die Mediapreise in den Keller fallen lassen wird, ist freilich ein Irrtum. Die Meterpreise werden attraktiver, vor allem durch mehr Kunden- und Zielgruppenorientierung, durch klare und vergleichbare Mediadaten, durch spontanes und flexibles Eingehen auf die Kundenwünsche. Schnell, schlank und wendig werden auch hier die entscheidenden Stichworte sein.
Der Autor
ist verantwortlich für die „Elektronischen Medien ” im Verlagshaus Styria sowie Geschäftsführer der Regional-Radio Steiermark GmbH.
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