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Die Grenzganger

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Es ist kurz vor 20 Uhr, die Abendinformationssendung „Kärnten aktuell“ in Tele Uno beginnt. Im Bild: Herbert Zauner, Autor und Interpret des Sonnenbrillen-Wiesengrillen-Sommerhits, rezitiert in grüner Wör-therseeumgebung die Urfassung des Textes: „Sitzt a Grill'n im Gros und zirpt si wos, plötzlich ,is Staad Kopf obg'maht.“

Eine mögliche Vision für den nahe an Österreichs südlicher Grenze stationierten privaten Fernsehsender?

„Wir sind in jeder Hinsicht abgesichert“, bemerkt Kurt Geissler trocken, einer der drei Teilhaber von Tele Uno, auf das „Piratensender-Image“ seiner Fernsehstation angesprochen. „Wir betreiben einen italienischen Privatsender und unterliegen daher nur dem italienischen Recht. Natürlich hat uns der ORF Steine in den Weg gelegt, aber seit etwa einem halben Jahr ist zum Glück Ruhe.“

Obwohl die Filme in Tele Uno durchwegs in italienischer Sprache ohne deutsche Untertitel laufen und — so Geissler — „allen Dif-famierungs- und Beschneidungs-versuchen der österreichischen Medien“ (die „Kärntner Krone“ und die „Kleine Zeitung“ drucken zum Beispiel das Programm nicht mehr ab) entgegentreten, könne man auf mehr als 135.000 Zuse-her allein in Zentralkärnten verweisen und im nächsten Jahr mit einer ausgeglichenen Bilanz rechnen.

„Unser Konzept ist insofern aufgegangen, da wir keine Konkurrenz zum ORF sein wollen und wohl auch nicht können. Aber wir bieten eine Alternative: Wenn zum Beispiel um 20.05 Uhr im ORF noch die Werbung läuft, beginnt bei uns schon das Abendprogramm.“ Abgesehen davon versteht sich Tele Uno durchaus als „Kommunikationsmittel zwischen Österreich und Italien, und italienische Politiker nützen das auch aus.“

Ähnliche Bestrebungen hegt man auch bei „Radio Carintia“, eine der drei privaten Radiostationen rund um Tarvis. Das neue, erst kürzlich bezogene Studio liegt in Campo rosso: eine Hauptstraße, niedrige Landhäuser, geschlossene Balken, Sale e Tabac-chi, Alimentari, eine Trattoria. Radio Carintia? „Non lo conosco.“ Schließlich offenbart sich das Studio doch noch im Tief parterre eines der dörflichen Gebäude.

Auch hier herrscht eine private Atmosphäre: kein wachender Portier, keine Vorzimmerdame (auch kein Vorzimmer), der Ehemann der Moderatorin hilft im Urlaub beim Plattenauflegen. „Wir machen alles selbst“, erzählt Maria Fleischhacker, „wir nehmen die Werbespots auf Band auf, gestalten das Musikprogramm, nehmen die Anrufe entgegen und erledigen die Hörerpost.“

Für den Herbst ist ein neues Programm entworfen worden, wobei man Italien verstärkt miteinbeziehen will. Geplant sind sogar Aufführungen des Klagenfur-ter Stadttheaters und der Vereinigten Bühne Graz in Zukunft auch in Italienisch zu bringen. Telefonspiele über Radio und Sendungen mit direktem Hörerkontakt werden ebenfalls forciert.

„Mein Magazin .Kreuz und quer durchs Kärntner Land', in dem — gegen Bezahlung — Kärntner Gemeinden vorgestellt werden, soll Kärnten unseren italienischen Hörern und den Durchreisenden, vor allem wegen der neuen Autobahn, näherbringen“, wünscht sich Maria Fleischhak-ker.

„Radio Uno“, tönt in regelmäßigen Abständen eine einschmeichelnde weibliche Stimme „auf 100,3 und 104,4.“ Es ist mit zwei Studios — „eines für Volksmusik und eines, das die ländlichen Gegenden abgekoppelt hat“, so Radio Uno-Moderator Jörg Richter — die größte dieser drei privaten Radiostationen.

Nur 50 Meter von der italienischen Staatsgrenze entfernt haben die Radio Uno-Mitarbeiter aber fast keinen Kontakt zu Italien, und sie leiden sehr unter dieser Isolation. „Auch mit österreichischen Hörern in Kontakt zu treten, ist hier schwierig. Aber unser Musikprogramm kommt gut an, vor allem das Nachtband findet in Kärntner Lokalen großen Anklang.“

Auf die Nachtstunden setzt auch Radio Val Canale (RVC), das mit einer täglich ab 22 Uhr lif e moderierten Sendung Radio Uno Konkurrenz macht. „Wir machen halt noch Radio in seiner ursprünglichen Form“, erklärt RVC-Mitarbeiter Walter Pichler stolz: „Die Plattenfirmen rennen uns die Türen ein, und wenn wir Besuch bekommen, etwa von Musikergruppen, dann gehen wir einfach auf Sendung. Das bringt Abwechslung und Spontaneität ins Programm und macht unseren Hörern und uns selbst großen Spaß.“

Das beste Beispiel dafür ist RVC-Techniker Klaus Mascha: in Trainingshose, T-Shirt und Hauspantoffeln werkt er am Tonpult. „Ich arbeite hauptberuflich bei der VOEST, das hier ist mein Hobby. Jedes Wochenende fahre ich von Leoben nach Tarvis und bin in meiner Freizeit Tontechniker — damit der andere auch einmal frei hat.“

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