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Radio-Zukunft der Kirche hat bereits begonnen

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Anfang November beschäftigt sich die Bischofskonferenz mit dem Einstieg in den Privatradiobereich. Denn am 32. Dezember könnte es bereits zu spät sein: mit 1. Jänner 1994 tritt das neue Regionalradiogesetz in Kraft.

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Anfang November beschäftigt sich die Bischofskonferenz mit dem Einstieg in den Privatradiobereich. Denn am 32. Dezember könnte es bereits zu spät sein: mit 1. Jänner 1994 tritt das neue Regionalradiogesetz in Kraft.

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Das neue Regionalradiogesetz verhindert ein direktes Engagement der Kirche(n) im Rundfunkbereich: eigene Sender nach Südtiroler („Radio Grüne Welle”) oder französischem Vorbild („Radio Notre Dame”) dürfen die Religionsgemeinschaften nicht betreiben. Möglich ist allerdings der Einstieg über Institutionen oder Verlage im Einflußbereich der Kirche. Überlegt wird auch, den künftigen Betreibern von Privatradios „selbstgemachte” Programme anzubieten.

„Kirchenwellen” in Lignano

Über die konkrete Vorgangsweise ist in den meisten Diözesen noch keine Entscheidung gefallen. Größtenteils Übereinstimmung herrscht in einem Punkt: Die katholische Kirche Österreichs wird keinen eigenen Sender installieren - lediglich in der Diözese St. Pölten geistern noch derartige Pläne durch die Köpfe der katholischen Medienstrategen. Am wahrscheinlichsten ist es, daß professionelle Radio-Redaktionen in den einzelnen Diözesen Beiträge an die Privatsender zuliefern. Als Testlauf gilt das Projekt „Radio Omega” der Erzdiözese Wien: Diese neugegründete Radioredaktion beliefert derzeit den deutschsprachigen Urlaubersender „Radio Lignano International” mit Kurzbeiträgen. Für Walter Karlber-ger, den Chef von „Radio Omega”, wäre ein eigener kirchlicher Sender ein „Nonsens in Aufwand und Möglichkeit”. Laute doch das „Ohmsche Gesetz” des Privatradios, daß „mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Programm für möglichst viele Hörer gemacht wird”.

Auch Bernhard Sassmann, Geschäftsführer der „Gemeinschaft katholischer Zeitungs- und Zeitschriftenverlage Österreichs”, bezeichnet die Vorstellung, im Privatradiosektor mit einem religiösen Voll-Programm höhere Einschaltziffern oder Reichweiten als im ORF zu bekommen, als „Illusion”. Sinnvoll wären allerdings einzelne Sendungen im Privatradio, wenn diese in einer Jungen, flotten Sprache” moderiert würden.

Fromme Piraten

Eine Pioniertat setzte das Medienreferat der Diözese Linz im Herbst 1992. In Form einer „Radio-Werkstatt” wurden acht Nachwuchsjournalisten für den Hörfunk ausgebildet. Höhepunkt der Aktivitäten der rührigen Jung-Moderatoren waren zwei „Piratensendungen”: Mit einem an der Linzer Uni hergestellten Sender um 5.000 Schilling sendeten die katholischen Piraten am 12. Juni 1993 eine knappe Stunde lang von der Kremsmauer aus bis ins Mühlviertel. Erst ein von der Post beordeter Hubschrauber zum Anpeilen der „frommen Piraten” verhinderte beim zweiten Versuch das katholische Ätherrauschen.

Auch für die Erzdiözese Salzburg ist das Privatradio eine „Frage der Priorität”, betont die Pressestelle. Denn die Kirche „soll, kann und will” in Form einer eigenen Radioredaktion als .Zulieferer” mit dabei sein.

Bereits über einige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Privat-Sen-dern verfügt die Diözese Gurk-Kla-genfurt: Diözesan-Pressereferent Siegfried Muhrer verweist auf die gute Zusammenarbeit mit den grenznahen Privatsendern, insbesondere jenen aus dem friulanischen Kanaltal - wenn auch die Kooperation mit dem ORF vorrangig sei.

In der Diözese Graz-Seckau wurden die Regionalradio-Ambitionen laut Generalvikar Leopold Städtler über den katholischen Preßverein an die „Styria” delegiert. Deren Leiter der Abteilung Elektronische Medien, Alfred Grinschgl, betont: „Selbstverständlich werden wir dabeisein und uns in der Steiermark um die Radioli-zen bewerben. Wir werden auch versuchen, andere entsprechende Gesellschaften miteinzubinden”. Allem voran segelt die „Kleine Zeitung” als das Flaggschiff der „Styria”, daneben auch „Die Presse”, die aber im Wiener oder niederösterreichischen Raum mögliche Partner suchen soll. Ziel sei es, so Grinschgl, „ein steirisches 24-Stunden-Vollpro-gramm” anbieten zu können. Der Bereich Radio selbst werde aber eine völlig selbständige und publizistische Einheit darstellen.

Kurts-Welle”?

Der St. Polmer Medienbeauftragte und Vorsitzende des Club „M”, Willibald Winter, verneint ein Engagement der Diözese St. Pölten im Privatradiobereich und forciert den umweg uoer aie - aen uiozesen nane-stehenden - Pressehäuser. In einem -bisher noch unveröffentlichten - Interview für,die CV-Zeitschrift „Aca-demia” hingegen antwortete der St. Pöltner Diözesanbischof Kurt Krenn auf die Frage nach den Plänen für ein Privatradio, daß die Diözese bereits ein „komplettes Studio” habe und „dabei sein” wolle. Krenn weiß aber noch nicht, „ob es gelingt und ob wir es bezahlen können. Denn vom Kirchenbeitrag wird es keinen Schilling geben.” Aber man müsse „neue Wege gehen”, so Krenn, denn letztlich brauche die Kirche „eine unabhängige Stimme. Wenn ich mir vorstelle, wie viele Radiosender es im Urwald und überall gibt, da frage ich mich wirklich, warum das in Österreich so ein Problem ist.” St. Pölten wäre jedenfalls vorbereitet, bekräftigt Krenn -die Idee eines eigenen Senders wolle er ausdrücklich nicht ausschließen.

Gerangel in Niederösterreich

Heiß umfehdet und wild umstritten wird die Frequenzvergabe für den Raum Niederösterreich auf jeden Fall sein. Da die Frequenzen begrenzt sind, wird es notwendig sein, daß sich Interessenten zusammenschließen.

Als Fixstarter gelten das ,.Niederösterreichische Pressehaus” und der „Kurier”, dazu könnten auch noch einige niederösterreichische „Platzhirsche” - Banken oder Großunternehmen mit öffentlichen Aufgaben - kommen. Mitmischen könnten da auch „Die Presse”, der in Bratislava stationierte Sender „Radio CD” oder die „Niederösterreichische Audiovision” - nach Ex-ÖVP-Landesparteisekretär Gustav Vetter haben dort nun die Landeshauptmann-Vertrauten Charles Bohatsch und Ernst Scheiber das Sagen. - Die Kronen-Zeitung hingegen dürfte ihre Radio-Ambitionen auf den Großraum Wien konzentrieren.

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