Cash-Cow des ORF gerät in Bedrängnis

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Hörfunk ist die meist unterschätzte Mediengattung. Seine Tagesreichweite liegt zehn Prozentpunkte vor den Zeitungen, zwanzig vor dem Fernsehen und ist doppelt so hoch wie jene von Internet. Entsprechend euphorisch reagieren die Vermarkter auf jede neue Studie.

Fürs erste Halbjahr 2009 weist der Radiotest 81,9 Prozent tägliche Hörer aus. Die durchschnittliche Nutzungsdauer beträgt 203 Minuten. Das Hurra der Sender übertönt wie stets die Reaktion der Kritik: Radio ist nur Begleitmedium – überall läuft es, keiner hört hin.

Also widerspricht sein Anteil am Werbeaufwand der Reichweite beim Publikum: 2008 nur 5,3 Prozent. Tageszeitungen bekommen das Vierfache, Fernsehen rund dreimal so viel von diesem 3,3 Milliarden Euro schweren Kuchen in Österreich. Lediglich Internet ist mit 2,6 Prozent Werbemarktanteil ähnlich unterrepräsentiert. Diese Quote wird aber bald explodieren, jene für Radio bestenfalls stagnieren.

Stillstand ist der kleinste gemeinsame Nenner für Rundfunkentwicklung in Österreich. Was 2008 als zehn Jahre Privatradio gefeiert wurde, ist in Wahrheit die Geschichte einer medienpolitischen Fehlleistung. Die Liberalisierung war letztlich ein ORF-Schutzprogramm: Trotz 90 privater Konkurrenten hat der öffentliche Hörfunk noch 70 Prozent Tagesreichweite. Allein Ö3 verfügt über ein Drittel Marktanteil.

Der neue Radiotest markiert aber den Anfang vom Ende. Erstmals haben alle Privatsender zusammen wenigstens in Wien mehr Marktanteil als Ö3. Die Cash-Cow des ORF (© Ex-Generalintendant Gerhard Weis) gerät ähnlich unter Druck wie zuvor schon sein Fernsehen.

Aktuell steht es bei Radiowerbung 2:1 für den ORF. Noch 2005 war dies auch bei TV-Spots so. Dort überholen heute die Umsätze der Privaten den ORF. Er ist an keiner wirtschaftlichen Front mehr sicher. Nur die Diskussion um seine inhaltliche Bedeutung kann ihn retten.

* Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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