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Die neue Schlacht um die Radiohörer

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Hohe Einschaltquoten sind Pflicht. Aber im Ringen des ORF-Hörfunks mit den neuen Privatradiostationen darf die Qualität nicht auf der Strecke bleiben, betont der neue Hörfunkchef.

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Hohe Einschaltquoten sind Pflicht. Aber im Ringen des ORF-Hörfunks mit den neuen Privatradiostationen darf die Qualität nicht auf der Strecke bleiben, betont der neue Hörfunkchef.

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Wir müssen um jeden Hörer kämpfen“, betont Gerhard Weis, der neue ORF-Hör- funkintendant, im Gespräch mit der FURCHE. Denn die Vergabe von zehn Privatradio-Lizenzen in Österreich steht unmittelbar bevor, und Weis will an die neue Konkurrenz „möglichst nichts verlieren“.

Derzeit schalten im Durchschnitt einmal pro Tag 37,5 Prozent der Österreicher Ö 3 ein, 37,7 Prozent hören die Ö-2-Kette, 5,0 Prozent lau schen Österreich 1 (was ein internationaler Spitzenwert für derartige Programme ist) und 3,2 Prozent verfolgen „Blue Danube“.

„Ein Massenmedium braucht ein Massenpublikum“, lautet die Philosophie von Gerhard Weis, und „Ö 3 ist ein Massenprogramm und muß ein Massenprogramm bleiben“. Da aus den Gebühren weniger hereinkommt als aus den Werbeeinnahmen, ist das Ringen um Einschaltquoten verständlich. Letztere sind für Weis zwar „wichtig, aber nicht das Um und Auf“. Nichts hält er vom in Deutschland schon gescheiterten Modell einer „Selbstkommerzialisierung“, bei der kommerziellen Sendern mit deren eigenen Mitteln Konkurrenz gemacht wird.

Wer das Radio einschaltet, solle innerhalb kurzer Zeit wissen, daß er den ORF und keinen Privatsender hört. Ein Hauptmerkmal des öffentlich-rechtlichen Ruiidfunks ist für Weis, daß er seine Botschaften nicht nur über die Musik, sondern vor al lem auch über das Wort transportiert: „Es geht darum, inhaltsschwere Programme so zu verpacken, daß wir Publikumsmehrheiten finden.“ Daß wichtige Bereiche, etwa Kultur, an Sendezeit verlieren werden, bestreitet Weis. Und die Verlegung der Jugendredaktion auf „Blue Danube“ bringe ihr viel mehr Sendezeit.

Als seine vorrangigen Ziele nennt Weis drei Punkte: Ausbau der Information, auch auf Ö 3 durch ein eigenes Mittagsmagazin; noch näher an den Hörer rücken durch verstärkte Lebenshilfe durch Serviceleistungen und Kontaktmöglichkeiten; Steigerung von Qualität und Professionalität in allen Programmzonen.

Während hinter den „Privaten“ oft politische Lobbies stünden, sei der ORF in Wirklichkeit von niemandem zu vereinnahmen. Parteipolitisch gesehen sei der „letzte Befreiungsschlag des Generalintendanten“ sehr hilfreich gewesen.

„Ich war niemandes Wunschkandidat, nicht einmal mein eigener“, hebt Weis hervor. Er wäre auch gerne Landesintendant von Wien geblieben, hat aber im Bewußtsein, man habe nun dort „die Talsohle hinter sich“, nach zweieinhalb Jahren seinen Sessel wieder geräumt.

Der ORF-Routinier war von 1974 bis 1978 TV-Intendant und später einer der engsten Mitarbeiter von Gerd Bacher. Als Inhaber dieses „impossible job“ habe er sich für alles mögliche zuständig erklären und eine Reihe von Neuerungen initiieren können (etwa die Einführung des „Teletext“ oder die Beteiligung des ORF am Satellitenfernsehen via 3-Sat). Als Hörfunkchef hat Weis nun 368 angestellte Mitarbeiter unter sich, zum engsten Stab gehören Alfred Treiber, Edgar Böhm und Michael Kerbler.

Für einen 56jährigen fühlt sich Weis „noch recht begeisterungsfähig“ für diese neue Aufgabe, auch wenn er weiß, daß jetzt „wieder siebenmal in der Woche ein 14-bis-16- Stunden-Tag“ auf ihn zukommt.

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