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Giganten greifen zu

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Im Frühsommer dieses Jahres sorgte unter Österreichs Druckern eine Entwicklung für Aufregung, die sich durch den Einstieg der bundesdeutschen „WAZ“-Gruppe in die „Kronen-Zeitung“ und in den „Kurier“ ergeben hat. Die technischen Bereiche der „Krone“ und des „Kurier“ wurden verschmolzen. Zwei Firmen „Mediaprint“ entstanden. Einmal die „Mediaprint, Zei-tungs- und Zeitschriftenverlag Ges.m.b.H. & Co KG“. Dahinter versteckte sich ein Unternehmen, das für den Vertrieb und die Verwaltung der beiden österreichwei-

ten Tageszeitungen zuständig war. Eine „Mediaprint, Zeitungsdruckerei Gesellschaft m.b.H. & Co KG.“ war nunmehr für die technische Herstellung (Druck und Verarbeitung) verantwortlich.

Diese zweite „Mediaprint“ war es auch, die Österreichs Druckern Sorgen machte. Um die technischen Probleme zu lösen, machte sich die „Mediaprinf'-Geschäf tsleitung auf die Suche nach entsprechenden Druckpartnern.

Tatsächlich hatte die neue „Mediaprint“ allen Grund, nach Problemlösungen zu suchen. Von der „Kronen-Zeitung“ erbte sie eine technisch veraltete Druckerei, mit der „Krone“-Chef Hans Dichand nie wirklich Freude hatte. Seilfähren wurden immer wieder Pläne gewälzt, die im 19. Bezirk beheimatete Druckerei zu schleifen und neu zu errichten. Andererseits hatte der •,; Kurier“ in Wien Inzersdorf Europas modernitlS Druckerei mit ungeheuren DrudKkapazitäten zur Verfügung. Diese Kapazitäten wollten auch ausgelastet sein. Ein Unterfangen, das aber nie gelang.

Der Weisheit letzter Schluß für die „Mediaprint“-Leute: Die Produktion der „Kronen-Zeitung“ zum „Kurier“ zu verlegen, und zumindest die Wiener Ausgaben des „Kurier“ und der „Kronen-Zeitung“ in Inzersdorf zu produzieren. Für mehr hätte auch die dortige Kapazität nicht ausgereicht. Den Rest der Auflage wollte man bei anderen Druckereien herstellen lassen. Eine dieser „anderen“ Druckereien war das Druckhaus „Vorwärts“. Trotz eines, wie Insider meinen, zu aufwendigen Neubaus hatten die SPÖ-Eigentümer ihren Kummer mit ihrem Produktionshaus. So kamen die „Mediaprinf'-Überlegungen gerade recht. Um einen Anerkennungspreis von einem Schilling (und die Übernahme von -zig Millionen Schilling Schulden) wurde die Druckerei ins „Mediaprint-Reich“ integriert.

Blieb noch das Problem der West-Österreich-Ausgaben von „Krone“ und „Kurier“ zu lösen. Die Gespräche mit den großen Zeitungs-Druck-häusern im Westen Österreichs verlief en im Sand. Man wollte sich nicht der Kapitalkraft der „Ausländer“ ausliefern. Außerdem legten sich die Bundesländer-Zeitungs-Zaren quer. Einzig das Grazer Druckunternehmen „Leykam“ erklärte sich zu einer Kooperation bereit. Die Konsequenz: In Wien Inzersdorf sollte zukünftig der Schwerpunkt auf die Zeitungsproduktion gelegt werden. Im dortigen „Kurier/Me-diaprinf-Druckzentrum wurden nämlich auch die Magazine der „Kurier“-Gruppe, „trend“, „profil“, „Wochenpresse“ und „Sport“ gedruckt; - auf sündteuren und technisch äußerst komplizierten Rollen-

offset-Druckmaschinen. Außerdem produzierte man dort die Hoch-glanz-Vierfarb-Beilagen des „Kurier“, wie etwa das TV-Programm-Heft. Die TV-Beilage der „Krone“ mußte wegen der hohen Auflage schon seit Jahren im Tiefdruckverfahren außer Haus hergestellt werden. Produzent war die der Gewerkschaft gehörende Druckerei Elbemühl in der Wiener Altmannsdor-ferstraße. Ein fetter Druckauftrag, der die Bilanz dieses Unternehmens entsprechend verbesserte.

Die Frage war nur, wohin mit diesen Produktionen? Hier kamen die Ambitionen eines anderen Wiener Druckers, Anton Tusch, gerade recht. Tusch hatte sich europaweit einen Namen für die Produktion hochqualitativer, auflagenstarker Zeitschriften gemacht. Er war einer der beiden einzigen namhaften Tiefdrucker Österreichs. Unter anderem druckte er die deutsche Ausgabe des „Cosmopolitan“ und „Pent-house“. Sein Werk im 16. Wiener Gemeindebezirk platzte aber aus allen Nähten und so war im burgen-ländischen Neudörfl Österreichs modernste Tiefdruckerei im Entstehen. Rund 200 Millionen wollte er investieren. Viel Geld für ein Privatunternehmen und so stimmte Tusch höchst willkommenen Gesprächen über eine Beteiligung durch die „Mediaprint“ zu. Das Ergebnis: Die „Mediaprint“ erhält eine Minderheitsbeteiligung bei Tusch und löst gleichzeitig ihr Zeit-schriften-Druckproblem. Alle

Hochglanz-Vierf arb-Produkte werden zukünftig bei Tusch im Burgen -land gedruckt. Die Vierfarb-Rolle-nof f set-Maschinen aus Wien Inzers-dorf und vom „Vorwärts“ sindmitt-lerweile übersiedelt worden. Auch einTeil der „Vorwärts“-Belegschaft pendelt nun nach Neudörfl.

Eine schlechte Nachricht gab es aber gleichzeitigfür die „Elbemühl“. Der „Krohe-TV-Magazin“-Druck-auf trag ist weg. Heute überlegt man dort laut, ob man nicht die Tiefdruckmaschine abbauen sollte.

Einziges bis heute noch nicht gelöstes Problem der „Mediaprint“: Was geschieht mit den West-Österreich-Ausgaben von „Krone“ und „Kurier“? Zwar offiziell noch dementiert, aber inoffiziell bereits Faktum: In Salzburg soll in den nächsten Jahren ein „Mediaprint-Druckzentrum-West“ entstehen. Ende September bestellten die „Mediaprinf'-Gewaltigen zwei riesige Zeitungs-Offsetdruckmaschi-

nen für den Standort Salzburg. Liefertermin soll Frühjahr 199 lsein.

Bei all diesen Entwicklungen spielte aber noch eine schillernde Person aus Österreichs Medienwelt eine gewichtige Rolle: Ex-„Kronen-Zeitung“-Hälfte-Eigentümer Kurt Falk. Wegen seiner „Die ganze Woche“ mußte er sich von Hans Dichand als „lästiger Gesellschafter“ um knapp zwei Milliarden Schilling loskaufen lassen. Seither hängt über Österreichs Medienszene das Damoklesschwert einer österreichweiten Falk-Tageszeitung. Ab Herbst 1991 - so erlaubt ihm die Vereinbarung - darf er damit erscheinen. Und Kurt Falk hat bereits die Weichen für dieses Monsterprojekt gestellt. Im Sommer orderte er für seine neue Zeitungsdruckerei in Wien Floridsdorf ein technisches Wunderwerk von Tiefdruck-Maschine. Kostenpunkt allein für die Maschine: 250 Millionen Schilling.

Vom Engagement der „WAZ“ angelockt, schaffte auch der Springer-Verlag in Österreich ein zusätzliches Standbein. Der in Hamburg und Berlin beheimatete Springer-Verlag war es, der ursprünglich statt der „WAZ“ mit Hans Dichand um einen Einstieg in die „Kronen-Zeitung“ pokerte, wegen Springer-internen Querelen aber offensichtlich zu spät seine Trümpfe ausspielen konnte. So blieb nichts übrig, als sich einem Tageszeitungs-Projekt von Oskar Bronner („trend“- und „profil“-Gründer) anzuschließen. Mit einer 50 Prozent-Beteiligung machte der Springer-Verlag die Geburt des „Standard“ möglich. Pikante-rie am Rande: Der „Standard“ wird nach wie vor in der „Vorwärts“-Druk-kerei des Konkurrenten „WAZ-Mediaprint“ gedruckt.

Österreichs Drucker mußten sich ob dieser Entwicklung auf dem Mediensektor die Haare raufen (siehe auch S. 17). Auf der einen Seite bildete sich ein Druckgigant heraus, der mit entsprechender Kapitalkraft und entsprechender technischer Ausrüstung seinesgleichen suchte. Andererseits mußten sie zusehen, wie große Druckaufträge ins Ausland abwanderten. Warum man ins Ausland gehen mußte, beschreibt Bundesländer- „Tele“-Ge-schäftsführer Friedrich Radinger: „Einmal gibt es in Österreich nicht die Druckkapazitäten, andererseits sind die Drucker einfach zu teuer.“

Plötzlich begann sich die Struktur der österreichischen Print-Me-dienwelt, aber auch des graphischen Gewerbes zu rächen. Gerfried Sperl, jetzt Chefredakteur-Stellvertreter beim „Standard“, anläßlich der Einstellung der ÖVP-Zeitung „Süd-Ost-Tagespost“: „In Österreich herrscht eine Mediensituation wie in Bangladesh.“Was er damit meint? Ganze 16 Tageszeitungen -wobei drei davon („Krone“, „Kurier“, „Kleine Zeitung“) fast zwei Drittel aller Zeitungsleser bei Medianalysen für sich reklamieren können - und jede Menge bundesdeutsche Zeitschriften in unseren Trafiken, die ein Großwerden eigenständiger, heimischer Produkte verhindern.

Der Autor ist Gründer und Chefredakteur des Fachmagazins PRINT, das monatlich in einer Auflage von 20.000 Exemplaren Informationen von und über die Druck- und Medienszene an* bietet.

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