"Bin immer der David gegen Goliath"

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Ende Dezember offenbarte Wolfgang Fellner bei Engelbert Washietl im "WirtschaftsBlatt", dass er sein Tageszeitungsprojekt ohne Einbeziehung seines Bruder Helmuth durchziehen wird. Nachfolgend äußert sich der Zeitungserfinder über seine Pläne, und was er von der Performance seines früheren Metiers, der Magazin-Sparte, heute hält.

Die Furche: Sie halten nach wie vor ihre Anteile in der "News"-Magazingruppe, treiben aber zugleich Ihr Tageszeitungsprojektes voran. Das ist etwas ganz Neues, das sicherlich nichts mit der "News"-Gruppe zu tun hat, sondern in Konkurrenz zu ihr steht. Wie verträgt sich das?

Wolfgang Fellner: Das steht überhaupt nicht in Konkurrenz, ganz im Gegenteil. Da würde ja auch der Kurier in Konkurrenz stehen. Sowohl für den Kurier, der ja auch da drin ist, wie für uns ist der Tageszeitungsbereich völlig abgekoppelt. Es ist von vornherein klar gewesen, dass ich, wenn ich eine Tageszeitung mache - und das will ich seit Jahren -, im Tageszeitungsbereich frei bin. Das steht in meinen Verträge explizit drin. Es ist ja auch der Kurier im Tageszeitungsbereich frei.

Die Furche: Nur war der schon immer als Tageszeitung da.

Fellner: Auch "Gruner+Jahr"...

Die Furche: ... der heutige Mehrheitseigentümer der "News"-Gruppe ...

Fellner: ... ist im Tageszeitungsbereich frei, weil die ja auch Tageszeitungen wie die deutsche Financial Times mit dem Pearson Verlag machen. "Quod licet Iovi", wie es so schön heißt. Wenn "Gruner+Jahr" und der Kurier im Tageszeitungsbereich frei sind, dann kann es ja nicht so sein, dass derjenige, der die wenigsten Anteile an der Gruppe besitzt, anders behandelt wird.

Die Furche: Der Unterschied ist eben nur: Sie machen eine neue Tageszeitung, die anderen gibt es schon.

Fellner: Den Unterschied kann ich nicht nachvollziehen, Produkt ist Produkt. Der Kurier spielt sich ja wirklich in einer anderen Größenordnung ab, dagegen bin ich mit meinem Projekt ein kleines, bescheidenes, feines Unternehmen. Übrigens, "Gruner+Jahr" war auch nicht da, denn der hat die Financial Times Deutschland auch erst gegründet, nachdem dieser Vertrag mit mir geschlossen worden war. Das eine Geschäft hat mit dem anderen nichts zu tun. Tageszeitungen und Magazine sind komplett getrennte Märkte.

Die Furche: Kommt darauf an, wie man die Tageszeitung macht. Ich kann mir schon vorstellen, dass Sie täglich vieles in der Zeitung haben werden, was dem wöchentlich erscheinenden "News" gleicht.

Fellner: Aber überhaupt nicht. Das ist überhaupt nicht absehbar, insbesondere auch, wie sich News jetzt entwickelt und alle Magazine entwickeln. Die gehen ja alle von der aktuellen Berichterstattung weg. Ich glaube, es gab in News seit Wochen kein aktuelles Cover mehr, übrigens auch im Spiegel nicht und auch nicht in Focus. Die Magazine haben sich aus der aktuellen Berichterstattung völlig zurückgezogen. Das Geschäft des Magazine ist es, die Geschichte auf vier, sechs, acht Seiten opulent zu machen, während eine Tageszeitung nie mehr als maximal zwei Seiten zur Verfügung hat.

Die Furche: Halten Sie diese Entwicklung bei den Magazinen - weg vom Aktuellen - für richtig, haben Sie bei "News" dazu geraten?

Fellner: Ich bin ja dort operativ nicht mehr tätig. Die wirkliche Information erfolgt heute in Echtzeit. Damit liefert die Tageszeitung das, was früher die Nachrichtenmagazine boten. Deshalb haben sich die Magazine zu Wissens- und Background-Informanten gewandelt, zu ihrem Vorteil. Der Spiegel macht das mit hoher Professionalität.

Die Furche: Die rund 18 Prozent, die Sie in der "News"-Gruppe halten, bleiben also aufrecht?

Fellner: Ja.

Die Furche: In der "News"-Gruppe kommen Sie auch mit Raiffeisen in Berührung.

Fellner: Mit Kurier und damit indirekt mit waz und Raiffeisen. Das ist aber ein großer Unterschiede. Wir sind dort mit dem Kurier zusammen - der Herr Hameseder vertritt Konrad ...

Die Furche: ... und den Raiffeisen-Bankern, Christian Konrad wie Erwin Hameseder, begegnen Sie jetzt auch bei Ihrem Tageszeitungsprojekt wieder. Wie ist da das Verhältnis?

Fellner: Wir haben zu den Kurier-Leuten bei der Zusammenarbeit im Magazinbereich immer ein exzellentes Verhältnis gehabt. Jetzt haben wir eine sehr breite, auf mehrere führende Financiers in diesem Land aufgestellte Finanzierung, die wir kurz vor dem Start präsentieren werden. Es ist kein Geheimnis, dass einer von vielen auch Raiffeisen ist.

Die Furche: Da meinen Sie jetzt die Raiffeisen-Holding Niederösterreich/Wien?

Fellner: Man möge sich überraschen lassen. Wir sehen kein Interesse, ein Jahr vorher ständig innere Befindlichkeiten offenzulegen. Ich könnte auch mit weniger öffentlicher Aufmerksamkeit leben. Aber irgendwie zeigt das, dass wir eine gute Startrampe haben. Ich bin immer der David gegen Goliath. Wir sind als kleiner Anfänger gegen mittlerweile sehr nervös gewordene Zeitungsgruppen aufgestellt.

Die Furche: Und dann fangen Sie schrittweise an - in Wien, Nieder-, Oberösterreich ...

Fellner: In Oberösterreich ist überhaupt noch nichts entschieden, außer dass die dortigen Zeitungen, weil sie offenbar jahrelang nichts getan haben, plötzlich hyperhysterisch reagieren und fast jede Woche irgendeinen Leitartikel abpfeffern. Also Oberösterreich ist völlig offen, wir haben uns überhaupt noch nicht entschieden. Wir fangen klein an. Eine Auflage mit einem Exemplar mehr als der Standard halten wir für einen großen Erfolg. Der hat 16 Jahre dazu gebraucht. Wenn wir das vom Start weg schaffen, wäre das eine Sensation.

Die Furche: Das klingt alles nach Modulbauweise. Ich nehme nicht an, dass Sie auch in Tirol sofort in Erscheinung treten wollen?

Fellner: Wir machen sicher eine nationale Zeitung, um jedes Missverständnis auszuschalten. Sie werden das Produkt in Tirol genau so erhalten wie in Wien. Wir machen keine Regionalzeitung. Wir haben eine Druckerei, wir haben einen Vertrieb, und dazu kommt der Bereich Hauszustellung. Auch die ist vertraglich aufgestellt, aber an der logistischen Ausformung arbeiten wir noch.

Das Gespräch führte Engelbert Washietl, leitender Redakteur beim "WirtschaftsBlatt".

Wirbelsturm in der Printlandschaft

Im Herbst 2006 will Wolfgang Fellner mit seiner neuen Tageszeitung den österreichischen Printmarkt wieder einmal aufwirbeln. Seit Monaten grast er die Branche nach freier journalistischer und verlegerischer Kompetenz ab. Die Konkurrenz ist mitunter nervös: Im Herbst alterierten sich etwa die "Oberösterreichischen Nachrichten" über eine angebliche Zusammenarbeit der Fellner-Zeitung mit den Druck- und Vertriebskapazitäten der Verlagsgruppe Passau, die auch die wöchentliche "Oberösterreichische Rundschau" betreibt. Im Furche-Interview qualifiziert dies Fellner als "hyperhysterische" Reaktion. -

Schon mit 14 startete der heute 51-jährige Wolfgang mit seinem jüngeren Bruder Helmuth Fellner die Salzburger Schülerzeitung "Rennbahn Express". 1972 wurde dieses erste Fellner-Medium überregional. 1983 folgte die nächste Fellner-Gründung "Basta", 1992 dann "News", das den ganzen deutschsprachigen Printmarkt revolutionierte, weil es die erste Info-Illustrierte war. Dazu kamen Spartenprodukte wie "tv-media", "e-media" oder "woman". Weniger erfolgreich blieb die Marke Fellner mit "Format" (1998) sowie im Radiogeschäft ("Antenne Wien"). Spektakulär zur Jahrtausendwende die Fusion der "Kurier"-Magazine ("profil", "trend") mit der "News"-Gruppe, wodurch über die "Mediaprint" ein Medienkonglomerat von "Krone", waz, Raiffeisen und der "News"-Gruppe, die seit 1998 mehrheitlich der Bertelsmann-Tochter "Gruner+Jahr" gehört, entstand. ofri

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