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Im österreichischen Fernsehen läuft Freitag eine neue Sendeform an: das „Österreich-Feature“. Und die erste Sendung beschäftigt sich mit dem „Klösterreich“ — den Problemen, Sorgen und Leistungen der österreichischen Stifte und Klöster. Initiator der Sendung ist jener Mann, der seit genau einem halben Jahr die Abteilung Kirche im ORF leitet: Anton Fellner. Fellners Potenz als blutvoller Journalist seit gut dreißig Jahren ist es zu danken, daß religiöse Sendungen im Fernsehen nicht mehr länger Stiefkind sind. Während man fast alle ORF-Abteilungen bei ihren Produktionsbudgets kräftig zu Ader ließ, konnte sich Fellner durchsetzen: er hat mehr Geld als im letzten Jahr.

Anton Fellner ist ein journalistischer Allrounder; er war Wiener Redakteur der Wochenzeitung „Volksbote“ (dem heutigen „präsent“), dann Chefredaktuer des „Neuen Öster-

reich“, das er bis zur Einstellung leitete. Fellner wurde Generalsekretär der Wiener Synode und übernahm neuerlich eine Zeitung: die „Wiener Kirchenzeitung“.

Fellners Anliegen im Fernsehen ist es, die Behandlung von religiösen Problemen aus jedem möglichen Ghetto herauszuhalten. Tatsächlich ist es ja so, daß die Medien religiöse Sendungen nur allzu gerne als „Ro-sengärtlein“ der Konfessionen betrachten — nicht aber als integrierte Bestandteile eines durchstrukturierten Programmteppichs.

Fellner will die „Orientierung“ zu einem echten Magazin umgestalten, das aktualitätslbezogen ist und mehr bietet als Beschaulichkeit. Der Magazin-Charakter ist es ja vor allem auch, der der Behandlung zeitnaher konfessionsbezogener Fragen adäquat ermöglicht.

„Christ in der Zeit“ ist hingegen für Fellner kein Experimentierfeld. Hier hat bereits eine bildliche und inhaltliche Auflockerung stattgefunden, die der Sendung gut getan hat. Bedauerlich ist nur die Tatsache, daß man sie nicht mehr vor dem Hauptabendprogramm ausstrahlt, sondern vor „Zeit im Bild 1“.

Vielleicht könnten sich die Programmgewaltigen bei den vielen Änderungen im Programmschema doch wieder einfallen lassen, „Christ in der Zeit“ an seine alte Stelle zu rük-ken?

Anton Fellneir sucht aber auch für die „Frage des Christen“ eine neue Profilierung. Die Placierung vor dem traditionellen Samstag-Nacht-Krimi bringt ja ein riesiges Zuseherpublikum vor die Schirme. Fellners Sorge ist es, daß er geeignete Präsentato-ren finden kann; daß immer wieder neue Gesichter auftauchen, die ihre Sache großartig machen (wie das Gespräch zum Thema „Geschiedene“ am vergangenen Samstag), ist nicht zuletzt ein Verdienst Fellners, der das Risiko nicht scheut.

Anton Fellner hat aber auch genug Routine als langjähriger politischer Journalist, daß er auch daran geht, religiöse und kirchliche Themen in die Informationssendungen des Fernsehens einzuschleusen. Dort wird ja Meinung gebildet. Gesellschaftspolitische Anliegen der Christen in diesem Land dürfen nämlich nicht im medialen Niemandsland vertrocknen: die Meinung der Kirche und der

Christen muß auch in den Nachrichten, in den Magazinen, in den diversen Serien hörbar und selbst im Unterhaltungsbereich spürbar werden.

Daß das neue „Österreich-Feature“ gerade mit einer derartigen Sendung

beginnt, mag ein erfreulicher Start dieser Bemühungen sein.

Man muß sich ja überhaupt die Frage stellen, ob so etwas wie eine „Konfessionsfeindlichkeit“ in den audiovisuellen Medien gibt Der (falsche?) Eindruck hängt wohl in erster Linie mit der starken Unterhaltungskomponente zusammen, die gelegentlich als Programmzwang von den TV-Machern empfunden wird; zum anderen aber auch sicherlich mit der Fetischierung von Einschaltziffern über den Infratest. Religiöse Sendungen können weder primär „unterhalten“ noch ist Herr Jedermann über den Bildschirm anzusprechen: weil es ja bekanntlich Vorurteilsschranken gibt, die sich besonders intensiv im Fernsehen auswirken. Tatsache ist freilich: über kein Medium kommt die Kirche heute zu so vielen Menschen wie durch das Fernsehen: vor allem aber auch zu den Lauen und Fernstehenden, ja sogar zu den Gegnern. Fellner: „Eine ungeheure Chance“.

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