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Die ersten vier Tage "Österreich".

Ein Einblick von Otto Friedrich.

Erster Montag, an dem Österreich ganz Österreich beglückte: An diesem Montag hatten wir keine Mühe mehr, das bunte Billigblatt (wir geben ja zu, diese Charakteristik haben wir Hans Dichand gestohlen, denn der bedachte einst täglich Alles mit diesem Schmähtitel; wir legen aber Wert auf die Feststellung, dass jede Assoziation mit Kurt Falks verblichenem Tagblatt ungehörig, aber nicht immer von der Hand zu weisen ist), also: wir hatten an diesem Montag keine Schwierigkeit mehr, Österreich in unserer Trafik zu erstehen. Außer am ersten Tag - hatten wir ja eigentlich nie Schwierigkeitendieser Art, auch wenn Wolfgang Fellner solches glauben machte: Am Samstag vormittag sei die Ausgabe II des epochalen Mediums ausverkauft gewesen, jubelte der Blattmacher am Sonntag; wir hingegen hatten uns - über solche Tatsache nicht informiert - noch um 15 Uhr im Supermarkt ein Österreich aus einem veritablen Stoß an zu diesem Zeitpunkt noch unveräußerten Exemplaren herausgefischt. Aber: Gott Fellner wird sicher Recht haben, und außerdem ist der 15. Wiener Gemeindebezirk, wo uns das angeblich so knappe neue Zeitungsgut entgegenlachte, sicher nicht das Milieu, in dem das Blatt aller Blätter reüssieren will.

Genug der Abschweifung: Der Montag war's also, der uns unsere Voreingenommenheit bestätigte. Denn kaum hatten wir eines der beiden - extradünnen - Hochglanzsupplements, auf die die Fellners megastolz sind, aufgeschlagen, tönte es letterndick: "Karlich: ,Ich vermisse den regelmäßigen Sex'" (Seite 5), "Krassnitzer: ,Ich ging drei Jahre lang zur Psychoanalyse'" (Seite 6), "Timberlake: ,Trinke Alkohol, nehme Drogen'" (Seite 7). Aber auch wenn im täglichen Österreich-Supplement TV & People das Layout des TV-Programms dem des einstigen Fellner-Blattes tv-media fast aufs Haar gleicht (kein Wunder, man hat den dortigen Chefredakteur zu Österreich wegengagiert): Die Hochglanz-Beilagen (neben TV & People die Lebenshilfe-Zeitung Life & Style) sind auch das, was man aus dem Hause Fellner erwarten durfte. News, Woman usw. lassen auch hier grüßen; bleibt die Frage, ob es gelingen wird, den Hochglanzstil auch im Inhalt tagtäglich durchzuhalten. Natürlich werden - beispielsweise - die medizinischen Koryphäen des Landes, von Johannes Huber bis Christoph Zielinski (und: Überraschung! am ersten Schultag in Ostösterreich Max Friedrich mit einer Handvoll Zeilen zum Thema "Schulstart - keine Angst!"), als Autoren jener Kürzestkolumnen bemüht, die generell ein Markenzeichen des neuen Blattes sind.

Dort, wo Österreich aber als Zeitung und nicht als Magazin daherkommt, bietet es Klein(st)teiligkeit und Unübersichtlichkeit pur. Keine Frage: Noch nie hat ein Printmedium im Lande versucht, soviel Info in seine Seiten zu pferchen: Das Format ist leserfreundlich, das zusammengeschnipselte Layout mit lieblos eingesetzten Fotos mitnichten. Man erfährt vieles, aber das in solch extremer Kürze, als wollte man den kulturkritischen Seufzer, dass die Medienkonsumenten heute overnewsed, aber underinformed sind, noch einmal überhöhen.

Und impertinenter: Wenn in einer 12-Zeilen-Story über die Hochzeit von Hans Krankls Tochter auch der Name der dort liefernden Catering-Firma unterzubringen ist, spricht das Bände. Apropos Sport: In diesem Bereich war Österreich ja am ehesten exklusiv: Eine kleine Kampagne für die Rückkehr Hans Krankls zu Rapid und die weltbewegende Story von der Trennung im Hause Polster. Nachdem das Ganze im Jungfern-Österreich geoutet worden war, lasen wir tags darauf die Details dazu - etwa: "Wir schlafen noch im selben Bett. Doch Fakt ist, wir sind getrennt."

Toni Polster glänzt im Übrigen auch als Kommentator auf der Sportseite - etwa zum Länderspiel gegen Costa Rica: "Darum müssen sie [die Nationalspieler, Anm.] endlich überreißen ... Verdammt noch mal, es ist doch fünf vor zwölf." Solchen Schreibstil, eine exquisite Kreuzung aus Wiener und piefkinesischem Idiom, muss man Österreich erst nachmachen.

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