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Die heimliche Macht der „Kirchendrucker“

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Eine eigene Kategorie in Öster -reichs Druckerszene bilden die „Kirchendrucker“. Diese der Kirche nahestehenden Druckereien verdrucken das meiste Papier in Österreich und sind gemeinsam auch das größte Medienunternehmen. 4.000 Angestellte und Mitarbeiter und drei Milliarden Schilling Gesamtumsatz sind die imposanten Zahlen. Oder anders dargestellt: 20 Prozent des Gesamtumsatzes der österreichischen Druckereien werden dort gemacht.

Meist ist es nicht die Kirche selbst, die in Erscheinung tritt, sondern die

„Katholischen Preßvereine“ derein-zelnen Diözesen. Der ausgedehnte Druckereibesitz der Kirche ist sozusagen ein Nebenprodukt der seinerzeitigen Bestrebungen des Klerus, ein katholisches Pressewesen zu forcieren. Im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts beschloß man nämlich, dem nach Eindämmung der staatlichen Zensur aufblühenden liberalen Pressewesen etwas Gleichwertiges entgegenzusetzen. Unter der Federführung von geistlichen Würdenträgern wurden diese Preßvereine gegründet. Sie sollten die Patronanz für neue kirchenfreundliche Zeitungen übernehmen. In der Kirche wurden fleißig Mitglieder geworben, die mit ihren Beiträgen der Finanzierung der Blätter mithelfen sollten.

Doch die Aktivitäten der Kirche wurden nicht ohne Widerstand hingenommen. Immer mehr Drucker weigerten sich, Aufträge des Klerus anzunehmen. Die Folge: Die Preßvereine kauften oder gründeten eigene Druckereien. So sicherten sie das Erscheinen ihrer Blätter und konnten sich gleichzeitig aus den Druckereieinnahmen finanzieren. Heute zählen diese Druckereien zu den wichtigsten Tageszeitungs-Druckereien Österreichs.

1869 etwa wurde der Preßverein der Diözese Graz-Seckau zur Unterstützung des „Grazer Volksblattes“ gegründet. Schon ein Jahr später kam eine eigene Druckerei dazu. Heute heißt die Druckerei„Styria“ und die Zeitung „Kleine Zeitung“. Zum Imperium des Preßvereins gehören außerdem neben mehreren Buchhandlungen die „Universitätsdruckerei“, eine Druckerei in Judenburg und der Verlag „Ulrich Moser“. Über diesen Verlag besteht eine Mehrheitsbeteiligung an der Bregenzer „Zeitungs- und Verlagsges.m.b.H.“, die die „Neue Vorarlberger Tageszeitung“ herausgibt. Außerdem existiert eine Beteiligung an der Zeitschrift, die Sie gerade lesen.

Im Gegensatz zu Graz ist der Preßverein der Diözese St. Pölten nur mehr mit 20 Prozent an seinem ehemaligen Unternehmen „Niederösterreichisches Pressehaus“ beteiligt. 80 Prozent werden vom Bistum St. Pölten gehalten. Seit 1970 führt das „Niederösterreichische Pressehaus“ einen Buchverlag, dessen Haupteinnahmequelle der Schul-und Religionsbuchsektor ist. Die Druckerei des „Niederösterreichischen Pressehauses“ zählt zu den bedeutendsten in Österreich. Auf einer modernen Rollenoffsetanlage werden Zeitschriften, Zeitungen, Bücher und Broschüren gedruckt. Aber auch die „Niederösterreichischen Nachrichten“ werden dort hergestellt.

Bis ins Jahr 1982 war auch der „Oberösterreichische Landesverlag“ zu 100 Prozent im Besitz des Preßvereines der Diözese Linz. Wirtschaftliche Turbulenzen machten e.ine Kapitalauf Stockung notwendig. Heute hat die Raiffeisenorganisa-

tion die Mehrheit. Der Landesverlag verfügt über Drückereien in Linz, Wels, Ried, Grieskirchen, Rohrbach, Schwaneristadt und Braunau. Neben einem Buchverlag wird der Wochenzeitungsring „Oberösterreichische Rundschau“ betrieben. Beim Landesverlag wird auch die bis 1977 im Besitz des Preßvereinsgewesene Tageszeitung „Neues Volksblatt“ gedruckt.

Querverbindungen zur ÖVP (wie in Linz) bestehen auch in Salzburg. Noch heute steht deren Partei-Organ, die „Salzburger Volkszeitung“ im formellen Besitz des Preßvereins. Formell deshalb, weil die ÖVP die Verluste selbst tragen muß.

Heute ist der alleinige Gegenstand des Preßvereins der Betrieb der „Salzburger Druckerei“ und des „Pustef'-Verlages mit einer Tochterfirma in München. Haupteinnahmequelle der Druk-kerei ist die Herstellung der „Salzburger Nachrichten“. Natürlich wird auch die Kirchenzeitung „Rupertusblatt“ dort produziert. Der Chefredakteur sitzt übrigens im Vereinsvorstand.

Auch in Klagenfurt besteht das Hauptaufgabengebiet des „St. Josef Vereins“ in seiner Druckerei, der „Carinthia“. Angeschlossen sind ein Verlag, eine Reproduktionsanstalt und zwei Buchhandlungen. In der „Carinthia“ werden die Kärntner Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ und die mit einem gemeinsamen überregionalen Teil erscheinenden ÖVP-Blät-ter„SVZ“, „Neue Volkszeitung“ und „NeueTZ“ gedruckt, um nur die bekanntesten Titel zu nennen. Einziges Presse-Medium des Vereins ist das defizitäre „Neue Kärntner Volksblatt“, das alle 14 Tage mit minimaler Auflage erscheint.

Eine innerk'irchliche Konkurrenz hat die „Carinthia“ in der „St. Hermagoras-Druk-kerei“, der gleichnamigen Bruderschaft, die den slowenischen Teil der Bevölkerung mit religiöser Lektüre versorgt.

Die „Herold Druck-und Verlagsanstalt“ steht seit 1976 im Eigentum des kircheneigenen „Dom-Verlags“. Die Druckerei hat eine lange Tradition im Zeitungsdruck. Gegründet wurde sie zur Herstellung vor allem der „Reichsppst“ im Jahre 1913. Die Krise kam, als 1970 mit der Einstellung des „Kleinen Volksblattes“ das letzte Tageszeitungsobjekt der Druk-kerei eingestellt wurde.

Erst 15 Jahre später konnte wieder ein Auftraggeber gewonnen werden: „Die Presse“.

Die Verlagsanstalt „Tyrolia“ hat an die 400 Gesellschafter, etwa 20 Prozent davon aus kirchlichen Kreisen. Unternehmensgegenstand sind die Innsbrucker Druckerei, ein Buchverlag und eine Reihe von Buchhandlungen. Die „Tyrolia“ ist die größte Buchdruckerei Westösterreichs. Die Verlagsliste weist 2.500 Buchtitel auf. Eine Tochterfirma sorgt für den Vertrieb in der Bundesrepublik. Die Verlagsanstalt ist allerdings mit einer schweren Hypothek belastet, die im Gesellschaftsvertrag festgelegt ist. Sie muß für die Herausgabe der ver-

lustreichen katholischen Wochenzeitung „präsent“ sorgen. Einträglicher ist da schon das verlagseigene Gratis-Monatsmagazin „tip“.

Auch die „Tyrolia“ geht auf einen Preßverein zurück. Sie gehörte einst dem gleichnamigen Preßverein in Brixen. Eine Verbindung, die durch die Wirren der historischen Entwicklung abgebrochen ist.

Nicht in Verbindung mit den diversen Preßvereinen stehen weitere ansehnliche Druckereien der Kirche: Das „Druckhaus Nonntal“ in Salzburg ist ein Unternehmen der Erzabtei St. Peter und wurde erst 1960 gegründet. Es ist vor allem spezialisiert auf anspruchsvolle Buchproduktionen für Verlage im

In- und Ausland und für den eigenen Verlag. Umsatz 1985: 100 Millionen. Die „Missionsdruckerei St. Gabriel“ in Mödling beschäftigt 100 Mitarbeiter und ist eine der wenigen Anbieter von Tief druck in Österreich. Hier werden nicht nur einschlägige Schriften wie „Stadt Gottes“ und die Zeitschrift des Rosenkranz-Sühne-Kreuzzuges hergestellt, sondern auch Titel wie „Die Apotheke“ und die Zeitschrift der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt. Daneben erhält sie eine Reihe von Subaufträgen von anderen Druckereien. Auch die „Mechi-taristen-Druckerei“ in Wien lebt nicht allein von religiösen Werken, sondern auch von so weltlichen Erzeugnissen wie dem „Börsen-Kurier“.

Eine geballte Ladung an Kapazität also, die hierzur Verfügung steht. Trotzdem machen diese Druckereien davon nicht Gebrauch. Jedes dieser Unternehmen agiert eigenständig, oft sind sie sogar die ärgsten Konkurrenten, wenn es um Angebote für einen lukrativen Auftrag geht. Die jeweiligen Eigentümer achten nämlich streng auf höchste Wirtschaftlichkeit.

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