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Zur Pressegeschichte in osterreich

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„Oberösterreidiischer Landesverlag.“ Von Felix Kern. Oberösterreichischer Landesverlag, Betrieb Ried Im Innkreis. Bei 600 Selten

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„Oberösterreidiischer Landesverlag.“ Von Felix Kern. Oberösterreichischer Landesverlag, Betrieb Ried Im Innkreis. Bei 600 Selten

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Allzu bescheiden führt sich mit dem schlichten Titel .Oberösterreichischer Landesverlag“ das vorliegende Werk ein. Es ist eine mit historischem Material gesättigte Darstellung eines hundertjährigen Presseapo6tolats, das Oberösterreich mit einem hochentwickelten katholischen Druckerei- und Zeitungswesen begabt hat. Der Verfasser stellt dieses Wirken in den Rahmen des allgemeinen österreichischen Zeitbildes, der Krisen und Kämpfe, die diese Entwicklung zu überstehen hatte, läßt es befreit herauswachsen aus der Enge der altliberalen Ära und einmünden in die moderne christliche Volksbewegung in Österreich. Generationen stiller bescheidener Arbeiter im Dienste von Heimat und Kirche schreiten vorüber: Organisatoren, Schriftsteller, Priester, viele, die heute halbvergessen sind, aber auch Männer, deren Namen in der Geschichte stehen. Die soigsam zusammengetragenen biographischen Aufzeichnungen machen einen besonderen Wert des stattlichen Bandes aus.

Der heutige Oberösterreichische LandesveN lag, der nicht seinem Wesen nach, aber als Rechtspersönlichkeit erst nach dem zweiten Weltkrieg in Erscheinung trat — nicht ohne Schwierigkeiten, von außen kommenden Ränken und Einmischungen, betreut heute das Erbe de6 Katholischen Pressevereines der Diözese Linz, dessen Anfänge auf das Jahr 1850 zurückgehen. Als eine der frühesten katholischen Zeitungen des alten Österreich war noch im Sturm und Drang des Jahres 1848 das Organ der neugeschaffenen Katholikenver-eine von Oberösterreich, das .Volksblatt für Religion und Gesetz“, auf den Plan getreten, eine Gründung des Linzer Stadtpfarrkaplans Albert E. von Pflügl. Von 1849 an unter dem Titel .Katholische Blätter“ weitergeführt, bestand diese Vorläuferin der katholischen Zeitungen des Landes noch bis 1908. Welche Bedeutung damals die Aktivität der ober-österreichischen Katholiken in der Aufrüstung gegen die Feindseligkeiten des aufkommenden Freisinns und seine Kulturkampfbestrebungen vor dem Urteil Österreich-Deutschlands beanspruchen konnte, spiegelt sich in der Ehrung wider, die Linz zuteil wurde, als die Stadt sowohl für die 4. .Generalversammlung der katholischen Vereine Deutschlands“ im Jahre 1850 (24. bis 27. Septem.ber) wie auch für die achte im Jahre 1856 als Tagungsort gewählt wurde. In der oberösterreichischen Hauptstadt trafen sich in jenen Tagen die Spitzen des gesamten deutschen Katholizismus. — Am 1. Jänner 1869 trat als eine der drei ersten deutschen katholischen Tageszeitungen Österreichs das „Linzer Volksblatt' ins Leben. Wenn je irgendwo deutlich wurde, was richtig geführtes und von den Berufenen wohlgenütztes katholisches Pressewesen bedeutet, so ist dies an dem Linzer Presseunternehmen bewiesen worden. Mit dem 1869 gegründeten Presseverein, der das Linzer Blatt zunächst wirtschaftlich trug, entstand fast gleichzeitig der .Katholische Volksverein für Oberösterreich“ als politische Organisation. Er wurde in den folgenden Jahrzehnten der bestimmende Träger des öffentlichen Lebens des Landes, aus seiner Mitte erstand 1872 das bald volkstümlich gewordene Geldinstitut des .Oberösterreichischen Volkskredits“. Seine Gründer erkannten bereits, daß, um wirkliche Volksorganisation zu schaffen, der Vortrag der Grundsätze, die Dogmatik einer Bewegung, der Ergänzung durch praktische, den Lebensbedürfnissen zugewandte Arbeit bedürfe-, sie waren Kundige einer Weisheit, die nicht immer verstanden wurde. In einer Zeit, da das landwirtschaftliche Kassenwesen noch nicht existierte und der Wucher üppig gedieh, war die Gründung von größter Tragweite. Schon im Börsenkrach von 1873 konnte sie ihre unangreifbare Standfestigkeit dartun. Presse — Volksverein — Volkskredit wurden das Gerüst einer christlichen Volksorganisation, die allen Widrigkeiten und Anfeindungen widerstand und weit in das 20. Jahrhundert hinein ihre Kraft bewahrte. Von dieser Stellung aus verzweigte sich noch während der achtziger Jahre ein vielgestaltetes Preßvereins- und Zeitungswesen, das mit einer großen Reihe von Wochenblättern den Bedürfnissen der einzelnen Landesviertel entsprach; die meisten dieser Blätter gehörten zu dem Linzer Konzern, einzelne, zum Beispiel die 1881 in Braunau gegründete „Rieder Volkszeitung“ und die Wochenblätter von Steyr und Wels, errangen mehr als lokale Bedeutung. In der Geschichte der christlichen Presse Österreichs ist alles nur mit zäher Uberwindung zuweilen unüber6teiglich scheinender Hindeinisse und unter großen Opfer errungen worden. Oberosterreich gibt dafür drastische Beispiele. Welcher Mut mag dazu gehört haben, das 1884 gegründete „Rieder Wochenblatt“ durchzubringen, obwohl von seiner Dienstagausgabe geraume Zeit nur 520 bis 590 Exemplare und von der Sonntagsausgabe gar nur 360 abgesetzt wurden. Für den Laien ist es kaum vorstellbar, daß in der Tageszeitung .Linzer Volksblatt“ nach der Gründung mangels beruflich geschulter Redakteure jahrelang die redaktionelle Arbeit sozusagen auf empirischem Wege gelernt werden mußte. Aber sie schafften es, diese tapferen Männer, diese von der liberalen Presse verhöhnten und doch gefürchteten .Zeitungskapläne“. In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen hatte in Oberösterreich die christliche Presse die unbestrittene Führung Im Zeitungswe6en und aus der Reihe der katholischen Tageszeitungen Österreichs ragte das Linzer Blatt als eines der ersten hervor.

Die nationalsozialistische Herrschaft beraubte und zerstörte das große Werk katholischen Zeitungswesens. Kriegsschäden verheerten namentlich in Linz und Wels die zugehörigen Betriebe. Aber schon erhebt sich neues gesundes Leben und macht die Wunden vergessen, vor deren Anblick vor wenigen Jahren noch mancher hätte verzagt sein können. Der Verfasser des vorliegenden Bandes hat mit seiner Sammlung des verstreuten, zum guten Teil unbekannten und nun zu einer großen Einheit 6ich rundenden Materials einen wichtigen Beitrag zur österreichischen Kultur- und Pres6egeschichte geliefert. Man darf wohl sagen: Ein Ehrenbuch Oberösterreichs liegt vor un6.

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