Im Süden viel Neues

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Furche Nr. 44/28. Oktober 1972

Nicht Simmering gegen Kapfenberg, sondern "Kleine" gegen "Krone" lautete anno 1972 die Brutalität im (süd)österreichischen Pressekrieg.

Dort, in der Steiermark, ringen die Giganten des Ostens: Die "Kronen-Zeitung" mit Chefredakteur Hans Dichand und stellvertretend für den "Kurier" die "Kleine Zeitung" unter dem gemeinsamen Herausgeber Sassmann. Vorläufig letzter Höhepunkt der Schlacht um Marktanteil und Lesergunst [&] war die Beschlagnahme der "Kronen-Zeitung" in der Steiermark. Durch eine "Einstweilige Verfügung" gedeckt, sammelten Beauftragte des "Styria-Verlages", der die "Kleine Zeitung" herausgibt, mehr als drei Viertel der 8000 sonntäglichen Selbstverkaufstische der "Kronen-Zeitung" ein und verwahrten diese vorläufig nebst den zugehörigen Kassen.

Die Kassen freilich waren leer, da die "Kronen-Zeitung" im Steireranzug zur Einführung zum Nulltarif abgegeben wurde. In eben diesem Informationsdumping sahen die steirischen Verlage einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, die das Gericht mit der "Einstweiligen Verfügung" quittierte. Die Betroffenen meinten, dies setze dem Konflikt wohl die Krone auf und erstatteten Diebstahlsanzeige. Womit wieder die Gerichte in Zeitungskriegen zu entscheiden haben.

Dieses Scharmützel ist freilich nur Symbol für einen Konkurrenzkampf mit allen Mitteln. Da werden nicht nur ganze Redaktionen abengagiert und Schlemmerjausen verlost, sondern auch Ferienaufenthalte und schnelle Autos Gewinnern zugeeignet. Die Geldlawine rollt. Dies alles spielt sich auf einer ebene von ökonomischen Zwängen ab, die in den letzten Jahren acht Tages- und 21 Wochenzeitungen auf den Zeitungsfriedhof wandern ließen, von wo her übrigens "Kronen-Zeitungs"-Chef Kurt Falk, auf Fortuna bauend, abzuholen sich bereit erklärte. Noch ist es nicht so weit, noch können beide hoffen.

Dieses Zeitungssterben vor der Zeit, anders gewendet: die Tendenz zur Durchmonopolisierung des Informationsmarktes wird nicht ohne Auswirkung auf die Demokratie bleiben, jene Regierungsform, die der unentwegten Kontrolle und Kritik durch alle Medien bedarf. So fordert der Zeitungsherausgeberverband in seinem jüngst erschienenen "Medienbericht" ein ganzes Bukett von Maßnahmen der Presseförderung, die als oberstes Ziel die erhalt der Vielfalt der Presse und den Ausbau der Meinungspluralität haben. [&]

Eine von Strukturproblemen bedrängte Presse, ein Informationswesen, dessen Anliegen sich in Marktanteilen und Bilanzen erschöpft, wird nicht in der Lage sein, die von der Demokratie geforderten Aufgaben wahrzunehmen; dies aber führt zu einer Deformation des Lesers, dessen verkürztes Demokratieverständnis die Demokratie als solche auf eine simple Zahlenrelation - im Extremfall 49:51 - reduziert. Franz F. Wolf

Nächste Woche: Joseph Ratzinger 1973 über die Auferstehung.

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