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Unter Qualen — man kann das nicht anders nennen — nimmt die kritische Öffentlichkeit allmählich wahr, was über die geplanten Fusionen und Konzentrationen auf dem Wiener Zeitungsmarkt durchsickert. Jedem Denkenden ist klar, daß aus dem bisherigen Niveau-Monopol, das „Kurier“ und „Kronen-Zeitung“ in diesem Land besitzen, allen gegenteiligen Versicherungen zum Trotz selbstverständlich ein Meinungsmonopol werden soll. Als Feigenblatt wird man vielleicht noch einen zweiten „Staberl“ hinzuerfinden, mehr aber nicht. Diohant und Falk haben schon vor anderthalb Jahren prophezeit, sie würden sich dereinst das „Kurier“-Wraek vom Zeitungsfriedhof abholen, und machen diese Prophezeiung nun anscheinend wahr. Die „Kurier“-Ahteilseigner hingegen, durchwegs Industrielle, scheinen vergessen zu haben, daß sie seinerzeit mit ihrem vielen Geld den Verkauf des „Kuriers“ gerade an die „Kronen-Zeitung“-Eigentümer hatten verhindern wollen.

Was tun? Man wandte sich — wie denn nicht — fragend an Bruno Kreisky. Dieser aber ist zurückhaltend. Er verhält sich „pressefern“ und ist der Meinung, erst aktiv werden zu können, wenn die Meinungsvielfalt in Österreich tatsächlich bedroht sei. Kreisky sollte sich nicht länger mit Überlegungen beschäftigen, ob Absprachen wie die zwischen „Kurier“ und „Kronen-Zeitung“ in den USA unter das AntiTrust-Gesetz fielen und daher selbst vom extrem kapitalistischen Standpunkt aus zu verurteilen seien. Er brauchte niemanden als sich selbst zu bemühen, um die Meinungsvielfalt in diesem Lande wiederherzustellen. Die ihm unterstehende „Wiener Zeitung“ verfügt zwar nur über zwölf Redakteure, aber über einen garantierten Absatz. Nach Lösung der wichtigsten Personalfragen ließe sie sich sogar sehr rasch in ein Blatt von internationalem Format umwandeln. In ein Blatt von etwa dem Niveau der „Financial Times“. Kreisky selbst hat diesen Gedanken knapp nach seinem Amtsantritt ventiliert.

Er sollte ihn wiederaufnehmen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, da er die Zahl der Redakteure der „Wiener Zeitung“ auch vervierfachen könnte, ohne von jemandem angegriffen zu werden. Vorausgesetzt, daß er es mit der Meinungs-vielf alt wirklich ernst nimmt. Mit der Meinungsvielfalt auch innerhalb der „Wiener Zeitung“, die vom Amtsblatt der Republik Österreich zu deren Aushängeschild werden könnte.

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