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Der Abschied vom alten Jugoslawien

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EG und USA unterstützen Gesamtjugoslawien. Drei Tage vor der Unabhängigkeitserklärung Kroatiens und Sloweniens am 26. Juni gab es für Jugoslawien noch ein EG-Kreditpaket im Ausmaß von 1,5 Milliarden Mark.

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EG und USA unterstützen Gesamtjugoslawien. Drei Tage vor der Unabhängigkeitserklärung Kroatiens und Sloweniens am 26. Juni gab es für Jugoslawien noch ein EG-Kreditpaket im Ausmaß von 1,5 Milliarden Mark.

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Trotz der offensichtlichen Stützung Gesamtjugoslawiens durch EG und USA haben Slowenien und Kroatien am Mittwoch, 26. Juni, ihre Unabhängigkeit erklärt. Nach kroatischer Darstellung bedeutet dies jedoch keine Ablösung von Jugoslawien, sondern eine Erklärung der Souveränität, auf deren Grundlage es zu einer Zusammenarbeit, „aber auf einer ganz anderen ökonomischen Basis" kommen könnte.

Ganz strikt wenden sich die Kroaten gegen eine Hegemonie Serbiens, die sie durch die EG-Kredit-Zusicherung gestärkt sehen. „Die EG-Entscheidung", so ein Mitarbeiter einer Zagreber Wochenzeitung zur FURCHE, „gereicht Slowenien und Kroatien zum Nachteil. Schon 72 Jahre leben wir unter der Hegemonie Serbiens, und eine derartige Repression haben unsere VölkerinihrerGeschich-te noch nicht erlebt."

Im kroatischen Parlament in Zagreb herrschte rege Betriebsamkeit, 65 Gesetze, die die Unabhängigkeit verfassungsrechtlich absichern sollen, galt es zu verabschieden. Bisher wurde man sich aber nur über eine Hand voll neuer Gesetze einig, weil in der „Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft" Flügelkämpfe und divergierende Ansichten die Szene beherrschen.

Deutlicher als Kroatien betont Slowenien seine Staatswerdung seit Mittwoch. Noch vor diesem Datum hat Ministerpräsident Lojze Peterle gegenüber der FURCHE betont (Wortlaut Seite 12), daß der 26. Juni „eigentlich den Abschluß eines Prozesses der Selbständigkeitswerdung auf den meisten Gebieten, die dazu gehören, bedeutet". Auf diplomatischem Gebiet und bei der Landesverteidigung wird man laut Peterle die Souveränität „stufenweise durchsetzen".

Durch die Änderungen ab 26. Juni soll es zu keinen Stauungen im Warenaustausch kommen. Die kommende Periode wird von Peterle noch als „Übergangsphase" bezeichnet, während der sowohl das Bundespräsidium beibehalten werden soll - mit einem Slowenenvertreter „in neuer Funktion" - als auch die Möglichkeit zu Absprachen mit einem „neuen Jugoslawien" bestehen soll. Von Österreich und den übrigen Nachbarn erwartet Peterle - „das wäre der normale Weg" - die gleichzeitige Anerkennung Sloweniens als souveräner Staat. Ab dem 26. Juni werde es neue Grenzen in Europa geben, die aber, wie Sloweniens Premier betont, „sehr seicht" ausfallen werden. Der Name Jugoslawien dürfe ab jetzt nur mehr „für etwas Neues verwendet werden".

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