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Die jährliche Nötigung

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Die jährliche Katastrophensammlung der Caritas im August erinnert paradoxerweise sehr an Weihnachten: einmal im Jahr trägt man schlechten Gewissens zum Hausfrieden bei. Die Not im Haus der Welt ist aber so empörend und umfangreich, daß ein täglicher Gabentisch vonnöten wäre.

Die heurige Sammlung ist fast ausschließlich für Flüchtlinge bestimmt. Die Flüchtlingsnot ist eine von Menschen gemachte Katastrophe, die das angehende Jahrzehnt charakterisiert. Zehn Millionen Flüchtlinge gibt es auf der ganzen Welt, davon vier Millionen allein in Afrika, 2,5 Millionen in Asien.

Es ist nur allzu bekannt, daß die Welt pro Minute eine Million Dollar für Rüstungszwecke ausgibt: ein Rechenexempel für Volksschüler, wieviel das pro Tag ausmacht. Sicherlich genug, um die Nöte der Welt in einer Woche zu lösen. Sie werden nicht gelöst.

Auch die Hilfsaktionen der Caritas werden sie nicht lösen. Aber einige hunderttausend Menschen

werden Hilfe finden und überleben können: afghanische Flüchtlinge in Pakistan, kambodschanische Flüchtlinge in Thailand, Ogaden-fiüchtlinge in Somalia, Landarbeiter in El Salvador, die vor dem Terror auf dem Land in die Kirchen der Städte flüchten.

Die Österreicher sind voller Anteilnahme für die Nöte der Welt. 1979 konnte die Caritas mit 39 Millionen Schilling Hilfsprojekte in Afrika, Asien, Lateinamerika und auch Europa verwirklichen. Anfang Juli 1980 spendete eine erschütterte Öffentlichkeit zehn Millionen Schilling für die Hungernden in Somalia.

„Verstehen Sie die Augustsammlung als Gelegenheit für einen jeden, Arbeit zu unterstützen, die wir nur zum kleinsten Teil in dieser Woche vollbringen, sondern 365 Tage im Jahr", sagte Prälat Leopold Ungar, Präsident der österreichischen Caritas. „Lassen Sie sich erinnern, daß .nötigen' von ,Not' kommt. Lassen Sie sich nötigen, die Not zu mindern."

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