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Die Krise formte ihn

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Wie ein Einstieg in die „Neue Sachlichkeit“, aber über eine Seitentreppe, wirkt diese Ausstellung druckgraphischer Werke Max Beckmanns im Vorraum des Wiener Museums des 20. Jahrhunderts. Eine sehr persönliche, differenzierte Variante dessen, was im Hauptsaal in monumentalen Ölbildern sich ausdrückt. 138 Blätter Beckmanns sind da-nach Graz-bis 24. Juli zu sehen: Beckmanns persönliche Handschrift, seine Versuche, zeichnend, radierend, als Holzschneider und Lithograph mit seinen Problemen, Erschütterungen, Krisen fertig zu werden. Und seinen persönlichen Weg zwische'n Expressionismus Und Neuer Sachlichkeit zu gehen.

Beckmann, 1884 in Leipzig geboren, 1950 in New York gestorben, hat sich vor allem zwischen 1911 und 1925 mit druckgraphischen Techniken beschäftigt. Die Katastrophen des Ersten Weltkrieges, an dem er als Sanitäter freiwillig teilnahm, haben seinen Stil geprägt. Es sind seine eindringlichsten, am sparsamsten formulierten Blätter. Kritisch, hartkonturig. In jedem die Auseinandersetzung spürbar, die ihn schließlich aufreiben sollte. 1915 rüstet er ab. Die persönliche Krise spitzt Sich zu, endet im Nervenzusammenbruch. Unerhört dicht sind die Blätter dieser Phase, wo er sich vom monumentalen Impressionismus eines Lovis Corinth und Max Liebermann ablöst, um sich an die aggressive Gestik des Expressionismus anzulehnen. Allerdings, ohne je die Schärfe eines George Grosz oder die gewalttätigen Verrenkungen eines Kokoschka zu erreichen. Beckmann hat die Härte und Dramatik der Anklage des Expressionismus nie so ganz angenommen, blieb stets ein Künstler tieferer Hintergründigkeit, schätzte Doppelsinniges und Mystisches. Und das war wohl auch der tiefere Grund, daß er relativ leicht hinüberschielte zu den Malern der Mannheimer „Neue Sachlichkeit“-Ausstellung (wo er 1925 übrigens mit dabei war). Die Graphikausstellung im Museum des 20. Jahrhunderts, die über Graz nach Wien gekommen ist, versucht Beckmanns Graphik in allen Bereichen zu belegen. Zyklische Werke wie die „Berliner Reise“, die „Fürstin“ oder „Hölle“, werden vor allem mit den ausdruckstiefen Selbstbildnissen kontrastiert.

Wie charakteristisch und vielsagend, daß sich der Empfindsame, Leichtverletzliche, der Beckmann war, in seinen Selbstbüdnissen stets als massig, dickköpfig, mit harten Zügen darstellte (siehe Photo)!

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