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Etat à la Schleinzer

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Als am 20. Oktober der erste sozialistische Finanzminister der Zweiten Republik den Entwurf des Bundesfinanzgesetzes 1971 dem Nationalrat und der Öffentlichkeit vorlegte, waren vor allem die siebenundzwanzig Bauernbundabgeordneten im Parlament gespannt, ob die konsequente Opposition gegen die sozialistische Agrarpolitik im Agraretat für das kommende Jahr einen positiven Niederschlag gefunden hat.

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Als am 20. Oktober der erste sozialistische Finanzminister der Zweiten Republik den Entwurf des Bundesfinanzgesetzes 1971 dem Nationalrat und der Öffentlichkeit vorlegte, waren vor allem die siebenundzwanzig Bauernbundabgeordneten im Parlament gespannt, ob die konsequente Opposition gegen die sozialistische Agrarpolitik im Agraretat für das kommende Jahr einen positiven Niederschlag gefunden hat.

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Dem kritischen Beobachter fällt nun, da die Zahlen bekannt sind, auf, daß sich das erste sozialistische Agrarbudget kaum von den früheren ÖVP-Budgets unterscheidet und daher letztlich keine Alternative zur Agrarpolitik Schlednzars darstellen kann. Es waren aber die Sozialisten, die während der Amtszeit der Alleinregierung immer wieder behaupteten, die Bauern wären Opfer einer falschen Agrarpolitik. Es verwundert daher nicht, wenn der Präsident des österreichischen Bauernibundes, Roland Minkowitsch, feststellte, daß der mit viel Propagandaaufwand angekündigte Agraretat nicht das bietet, was sich die bäuerliche Interessenvertretung von ihm erwartet hat. Einmal erbringt er nicht den Beweis, daß die Agrarpolitik der ÖVP in den früheren Jahren falsch gewesen sei und zum anderen zeigt das Landwirtschaftsbudget bedenkliche Tendenzen auf, welche zu einer weiteren Verteuerung der Produktionskosten führen wird.

Optisch gesehen vermag das Agrarbudget 1971 aber durchaus zu beeindrucken: Es wurde der Grüne Plan von 780 Millionen Schilling (1970) auf 810 Millionen Schilling aufgestockt und der Besitzstrukturfonds zur Verbesserung der Bodenmobilität — ein von den Sozialisten nie sehr geliebtes „Kind“ Dr. Schleinzers — ist mit 100 Millionen Schilling dotiert. Das

Agrarinvestitionskreditvolumen wurde von 1,2 Milliarden auf 1,4 Milliarden Schilling erweitert, so daß vor allem auch die Rationalisierung der Molkereiwirtschaft forciert werden kann.

Insgesamt stehen der Landwirtschaft im kommenden Jahr an Förderungsmitteln des Grünen Planes, an Preisstützungen (netto) und an Zuschüssen zur bäuerlichen Sozialversicherung 4,52 Milliarden Schilling zur Verfügung.

Obwohl das Agrarbudget, alles in allem gesehen, nicht schlecht ist, wird es sicher nicht die Zustimmung des Bauernbundes finden, was letztlich doch ein gewisses Dilemma nicht verbergen kann, weil der Agraretat 1971 eigentlich ein typisches „Schlein-zer-Budget“ isrt.

So gesehen, trifft die Feststellung Bundeskanzler Dr. Kreiskys, daß das Bundesflnanzgesetz 1971 nicht sozialistisch sei, wenigstens für das Kapitel „Land- und Forstwirtschaft“ zu, eine Tatsache, die aber der Regie-rungpartei zu denken geben sollte.

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