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Versöhnung am Balkan?

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Die II. Europäische Ökumenische Versammlung wird 1997 in Graz stattfinden, wenige Fahrstunden von den kil-ling fields in Slawonien, der Krajina, Bosnien entfernt. Selbst wenn dann ein dauerhafter Waffenstillstand in Bosnien gegeben sein sollte oder wenn es sogar gelungen wäre, eine UNO-Verwaltung ohne ethnische Kantonisierung einzurichten - es wird Hunderttausende Gräber in Parkanlagen und Sportstadien geben, Zehntausende Opfer von Folter und Vergewaltigung, unwiederbringbar zerstörte Kulturgüter, eine Unzahl frei herumlaufender Kriegsverbrecher und Kriegsgewinnler und fast eine Million Flüchtlinge, die deshalb nicht mehr in ihre frühere Heimat zurückkehren können oder wollen. „Versöhnung - Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens” ein unheimlich aktuelles Thema während eines Kriegs und danach. Die II. Europäische Ökumenische Versammlung wird sich nicht auf den Austausch ökumenischer Nettigkeiten beschränken dürfen. Sie wird vielmehr den Kriegsherrn auf dem Balkan ins Angesicht zu widerstehen haben und den Opfern des Krieges eine Hoffnungsperspektive geben müssen. Wie?

Von der serbisch-orthodoxen Kirche ist eine radikale Absage an die Politik der ethnischen Säuberung und an den mystischen Nationalismus serbischer Tradition zu fordern. Der römisch-katholischen Kirche Kroatiens, in der nationale Denkkategorien noch immer eine viel zu große Rolle spielen, wird eine Auseinandersetzung mit der eigenen Schuldgeschichte nicht erspart werden können. Beide Kirchen werden ihre Verständigungsbemühungen hoffentlich nicht um den Preis eines Antiislamismus zu vollziehen haben.

Die Kirchen und Beligionen auf dem Balkan brauchen die Unterstützung aller Europäer im Vorfeld der II. Europäischen Ökumenischen Versammlung und während dieses Ereignisses. Beim Wiederaufbau in den Kriegsgebieten wird es um enorme finanzielle Anstrengungen gehen. Wird man 1997 in Graz auch darüber sprechen können, wie Christen und Moslems die geschehene wechselseitige materielle Destruktion gemeinsam bewältigen könnten?

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