7071865-1993_04_03.jpg
Digital In Arbeit

Große Heuchelei um den Friedensbrecher Kroatien

Werbung
Werbung
Werbung

Kroatien ist voll damit beschäftigt, seine bei den entscheidenden Mächten ohnehin nur gering vorhandenen Sympathien zu verspielen. Die Rückeroberung des Hinterlandes von Zadar, in der von UNO-Truppen „gesicherten” Waffenstillstandszone Krajina, ist zwar ein verständliches Unterfangen, aber für Fortschritte bei der Neuordnung „Jugoslawiens” höchst gefährlich.

Dazu muß gesagt werden, daß seit dem Einsatz der UNPROFOR (United Nations Protection Force) in den von Serben besetzten und gesäuberten Gebieten Kroatiens - Slawonien, Baranja und Krajina - die Kroaten nur von UNPRÖSERB sprechen; denn keine der Aufgaben, für die die „Schutztruppe” eingesetzt wurde, konnte bisher erfüllt werden. Von einer Rückführung der Kroaten in ihre angestammten Orte kann überhaupt keine Rede sein, der „Friede” ist äußerst brüchig,

Kroatien hat mittels serbischer Gewalt de facto ein Drittel des Landes verloren. Franjo Tudjman, Kroatiens Präsident, der den Eindruck vermittelte, sich mit den Serben arrangieren zu wollen und dies wohl auch betrieben hat, stand seit den Kämpfen um Vukovar - ob der Greuel in Bosnien schon vergessen? - unter schwerstem Druck jener Kräfte, die totale militärische Anstrengungen zur Verteidigung Kroatiens forderten.

Man hat bisher geglaubt, und vor allem nach den für Milosevic siegreichen Dezemberwahlen wurde dies ventiliert, die Serben könnten in Kroatien wieder aggressiver werden. Die FURCHE hat das eigentlich nicht für wahrscheinlich gehalten (FURCHE 52/53/1992). Der Krieg ist jetzt nach Kroatien durch Kroaten wieder zurückgekehrt.

Aber die wesentlichen europäischen Mächte - Großbritannien und Frankreich -sowie die USA mit dem Debattierklub UNO haben nicht nur signalisiert, sondern sogar abgesegnet, daß sich Gewalt auszahlt. Was Wunder, daß die Kroaten nun - ohnehin spät, wie Tudjman-Kritiker sagen - die Konsequenzen ziehen. Das Geheul Rußlands und des UNO-Sicherheitsrats von wegen Friedensgefährdung ist Heuchelei.

Natürlich haben die recht, die die ungeschickte - ein vielleicht ungeschickter Begriff - Minderheiten-, sprich: Serbenpolitik Tudj-mans kritisieren. Von Zagreb hätte man vor eineinhalb Jahren bei der Ausrufung der Unabhängigkeit doch versöhnende Worte und Gesten gegenüber der serbischen Minderheit erwartet, auch Hinweise und Einbekenntnisse eigener Schuld in der (Ustascha-)Vergangenheit.

Im Drang nach Souveränität hat Agram viel übersehen, was sich kaum mehr wiedergutmachen läßt. Aber eines darf man nicht vergessen: Das Problem am Balkan gehört an der Wurzel gepackt: Jugoslawien sowie der Friede auf dem Balkan wurden in erster Linie von den Serben getötet.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung