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Ein Leben, geprägt vom Respekt fürs Fremde

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Seit 1978 ist das kärntnerische Hüttenberg in einer Dauerkrise, damals wurde das dort ansässige Eisenbergwerk geschlossen. In der Glanzzeit des Bergbaus fanden hier 4.000 Menschen Arbeit, heute leben in der gesamten Gemeinde Hüttenberg 2.200 Personen.

Hoffnung soll die für 1995 geplante kärntnerische Landesausstellung bringen, für deren stilgerechte Verwirklichung an die 400 Millionen Schilling in die Infrastruktur von Hüttenberg investiert werden. Neben einem Geozentrum, einem Bergbaumuseum und einem Schaubergwerk soll das Heinrich-Harrer-Museum dabei einen Anziehungspunkt bilden, von dem ein weiterer Teil kürzlich eröffnet wurde.

Harrer, vor achtzig Jahren in Hüttenberg geboren, ist sicherlich der international bekannteste Sohn der Gemeinde. Aus seiner reichhaltigen Sammlung hat er mehr als 4.000 Objekte dem Museum geschenkt, sowie ein Dia-Archiv (zirka 50.000 Stück), ein Foto- und ein Schriftarchiv mit Tagebüchern, Zeitungsberichten, Videokassetten, Filmen und persönlichem Schriftverkehr vermacht.

Auch die Werknutzungsrechte hat er dem Museum übertragen, um die finanzielle Ausstattung des Hauses ein wenig unabhängiger zu machen. Da sich seine Bücher seit Jahrzehnten wie von selbst verkaufen, scheint die

Zukunft gesichert.

Entstanden ist ein Museum der besonderen Art: Natürlich gibt ein biographischer Teil Aufschluß über die Vielseitigkeit von Harren Erstbesteigung der Eiger-Nordwand 1938, Mitglied im Kader der Alpinen Skinationalmannschaft für die Olympischen Spiele 1936, Akademischer Abfahrtsweltmeister 1937, österreichischer Golfmeister des Jahres 1958, sieben Jahre in Tibet, dort erste Vermessung von Lhasa, Dammbauten, erste Nord-Siid-Durchque-rung von West-Neuguinea 1962.

Allround-Sportler

Doch das Zentrum des Hauses bilden die Gegenstände aus dem tibetischen Kulturraum, da wird die innige Beziehung Harrers zu einer anderen Welt deutlich. Durch die Errichtung eines Meditationsraums, der ein wenig Einblick geben soll, wie tibetische Klöster aussehen, läßt sich ansatzweise erahnen, welche Spiritualität dieser bedrohten Kultur eigen ist.

Das Museum ist angelegt, über die engen Grenzen des Hauses hinauszuwachsen: An der gegenüberliegenden Felswand ist ein tibetisches Rollenbild befestigt, ein Meditationspfad soll errichtet werden, der Pflanzen und Steinsetzungen in harmonischer

Weise verbindet. Besuchern wird auf unaufdringliche Weise gezeigt, wie sehr kulturspezifisch geprägt der Umgang des Menschen mit seiner Umwelt ist.

In den Räumen ergänzen großzügige Fotos die gezeigten Objekte, ausführliche Beschriftungen lassen auch Nicht-Fachleuten eine Chance. Besonders wichtig neben dem abgestuften Programm für Kinder und spezifische Besuchsgruppen ist der Museumsshop: Aus den jeweiligen Ländern sind Gegenstände zu erwerben, die nicht als Souvenirkunst einzustufen sind.

Tibetische Gebetsmühlen werden für den eigenen Bedarf ebenso gefertigt wie für den Fremden - und ob einige mehr dabei entstehen, spielt eigentlich keine Rolle.

Das Heinrich-Harrer-Museum in Hüttenberg ist in unaufdringlicher Weise ein Aufruf, fremden Kulturen mit der nötigen Offenheit gegenüberzutreten. Ob sie in Afrika, Asien oder Amerika zu Hause sind, Respekt verdienen sie alle. Und wir sollten sie nicht untergehen lassen, wie dies bei einigen gezeigten Kulturen schon der Fall ist.

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