6742018-1966_45_04.jpg
Digital In Arbeit

Rauhes Burgenland

Werbung
Werbung
Werbung

Der Teenager, der erstmals im Leben am 18. Oktober 1966 einer Plenarsitzung des burgenländischen Landtages beiwohnte, Suhlte sich fast in den Zustand des Schreckens versetzt, als er sah, wie sich die Abgeordneten gegenseitig beflegel- ten und persönlich beleidigten. Da war von „politischen Leichen“, „Pharisäern“ und „Intelligenzbestien“ die Rede, so daß man in der Tat als junger Mensch bestürzt sein mußte über eine Institution, die nach der Staatsbürgerkunde demokratische Repräsentation des Volkes sein soll. Hätte man dem Mädchen, das im Landhaus beruflich tätig ist, zugeflüstert, was man sich in den Wandelgängen des Hohen Hauses erzählt, dann hätte es wahrscheinlich den Glauben an die Demokratie verloren. Die Fama des Landhauses weiß nämlich zu berichten, daß zwei Abgeordnete der beiden Regierungsparteien bei einer politischen Auseinandersetzung im Foyer des Landhauses handgreiflich geworden sind.

Man möchte fast sagen, die politischen Sitten werden hierzulande autf Grund der Vorwahlstimmung immer schlechter, wenn man nicht wüßte, daß es in beiden politischen Lagern Persönlichkeiten gibt, die mit größter Sorge die ganze Entwicklung beobachten und die Vorfälle kategorisch verurteilen. Aber vielleicht wird doch zu wenig getan, um die Disziplin des Hohen Hauses auf einen Stand zu bringen, der für ein Landesparlament eine Lebensfrage ist. Wer soll denn die Würde des Hohen Hauses bewahren und vor den Abgeordneten Respekt haben, wenn die Abgeordneten selbst die Würde des Hauses vergessen und sich wie politische Halbstarke benehmen?

Wirbel im Landtag

Mit einer Trauerkundgebumg für den verstorbenen Landeshauptmann Ing. Hartmann begann die Landtagssitzung; als Tragikomödie hätte sie bald geendet. Die ÖVP verlangte vom Landtagspräsidenten Krikler (SPÖ), der zwar dem Haus würdig präsidiert, aber noch keine Erfahrung in Verfahrensfragen hat, eine Unterbrechung der Sitzung, um über einen Ordnungsruf verhandeln zu können, den der Präsident nach Auffassung der ÖVP einem sozialistischen Abgeordneten hätte erteilen müssen. Dabei schalteten sich die Regierungsmitglieder als Unterhändler und Vermittler zwischen den Abgeordneten beider Couleurs ein. Das Ergebnis der Unterbrechung war, daß der Präsident nach Wiederaufnahme der Sitzung an alle Abgeordneten den Appell richtete, die Würde des Hauses zu wahren und beleidigende und verletzende Äußerungen zu vermeiden. In der Tat war diese Form der Rüge, wenn sie auch allgemeiner Natur war, objektiv gesehen gerecht, weil in-beiden politischen Lagern unqualiflzierte und beleidigende Bemerkungen gemacht wurden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung